Ein Leserbrief an die Frankfurter Rundschau von Jochen Meurers, 05.08.2008

Es entbehrt nicht einer gewissen Komik. Da besetzen die „Kinder“ der 68er ein heruntergekommenes Haus, das die Stadt über Jahre systematisch verkommen hat lassen. Und auf der städtischen grünen Seite, wird mit Strafanzeige und Räumung gedroht.

Kriminalisierung einer Gruppe junger Menschen, die ein Gegenstück zur kaum noch zu ertragenden Eventkultur dieser Stadt bilden wollen, wird von dem Teil der 68er, voran ausgerechnet Jutta Ebeling, die sich zur Zeit in Ausstellungen und Podiumsdiskussionen als Revolutionäre feiern lassen, mit denselben Mitteln bekämpft, die damals seitens der Stadt bei Hausbesetzungen angewandt wurden.

Plötzlich über Nacht, ist ein Haushaltsansatz von 1,5 Millionen auf dem Tisch, den das Schuldezernat verwenden will, um das »historische Gebäude« in der Varrentrappstrasse umzubauen. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Ich habe selbst an den ersten Verhandlungen, auf Bitte der jungen Frauen und Männer, als Beobachter beratend teilgenommen. Überzeugend waren die Argumente des grünen Dezernates nicht. Die Forderung der Jungen auf Rücknahme der Strafanzeige, wurde überhaupt nicht zur Kenntnis genommen.

Der grüne Verhandlungsführer machte deutlich, dass eine Räumung in den nächsten 48 Stunden nicht vorgesehen sei. Sollten die jungen Künstlerinnen und Künstler nicht bis spätestens Januar 2009 ausgezogen sein, würden sie allerdings geräumt. Bis dahin könne er sich höchstens eine Art Duldung vorstellen.

Kein Wunder also, wenn diese Künstlerinnen und Künstler sich nur verdeckt zeigen. Herr Damian versuchte mit seinen Mitarbeiterinnen den alten Trick, dass man Namen bräuchte, mit denen man dann verhandeln könne.

Sich selbst für Hausbesetzungen und Straßenschlachten feiern lassen, aber junge Menschen, die friedlich vom Besetzen Gebrauch machen, mit Räumung und Strafanzeige kriminalisieren. Ein weiter Weg ist das liebe Jutta Ebeling.

Wenn es richtig ist, dass die Hausbesetzungen und die damit verbundenen Auseinandersetzungen ein wesentlicher Grund dafür waren, dass nicht alle Gebäude im Westend abgerissen wurden, so haben die Jungen doch nur die richtige Konsequenz aus der damaligen Strategie gezogen.

Dafür können wir diese nur beglückwünschen.
Frau Ebeling wird aufgefordert, mit den KünsterlInnen einen Mietvertrag zu unterschreiben, damit diese das ehemalige JUZ Bockenheim sanieren und dort eine Alternative zur Eventkultur entwickeln können.

Diejenigen 68er, die das Gefühl haben, dass dies nicht alles gewesen sein kann, sind aufgefordert, diese jungen Frauen und Männer mit Solidarität zu unterstützen, und auf diese Weise zu verhindern, dass die machtverliebte Jutta Ebeling, diese weiter kriminalisiert und abräumen lässt.

Als Erstes muss die Strafanzeige vom Tisch. Sonst machen Verhandlungen keinen Sinn.

Jochen Meurers

Vorheriger ArtikelRäumungsaufschug für die Initative »Faites votre jeu!« bis Anfang nächster Woche
Nächster Artikel»Hausbesetzungen finden wir prinzipiell gut«