Die Stadt hat die Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs gegen die Besetzer des alten JUZ Bockenheim in Frankfurt am Main noch immer nicht zurückgezogen. Die vor zwei Wochen in das ehemalige Jugendzentrum eingezogenen Aktivisten der Initiative »Faites votre Jeu« fordern dies jedoch. Zu Beginn der Besetzung in den ersten Augusttagen war das Verhältnis zwischen Besetzern und Vertretern der Stadt, in Person des Referenten der Grünen-Bürgermeisterin Jutta Ebeling, angespannt. So sehr, daß die Besetzer Michael Damian und den Herren vom Hochbauamt den Zutritt zum Haus verwehrten, als diese unangemeldet Einlaß begehrten. Seitdem hat sich einiges geändert. Der Ton ist beiderseits überaus freundlich. Bei Bündnis 90/Die Grünen will man nicht als Spielverderber gelten. Dementsprechend stimmt man angesichts der erstaunlich weit verbreiteten öffentlichen Sympathien, die die Initiative mittlerweile genießt, in das allgemeine Lob ein: Bien, faites votre Jeu. Gut, macht euer Spiel. Offenbar fürchten die Grünen, seit 2006 Teil der Stadtregierung mit den Schwarzen nichts so sehr wie den Ruf des Schoßhündchen der CDU. Einige der Besetzer frotzeln dennoch: »Wo sind die schönen 68er-Gefühle der Bürgermeisterin Jutta Ebeling, wenn sie sich weigert, die Strafanzeige gegen die Aktivisten zurückzunehmen?« spotten Studenten.
Deren Referent Damian gibt sich auf Nachfrage von junge Welt betont aufgeschlossen: Natürlich erinnere sich die Bürgermeisterin gut an ihre eigenen Jugendzeiten, deshalb habe man ja nicht gleich räumen lassen. Selbstverständlich habe man festgestellt, daß »das keine Chaoten, sondern junge Menschen mit einem Anliegen sind«. Hauptsächlich sei man um die Sicherheit der jungen Leute besorgt, teilt Damian mit. Bei Begehungen werde vor allem der Brandschutz überprüft. Die Anzeige will man allerdings erst zurücknehmen, wenn die Aktivistinnen und Aktivisten ihre Namen bekanntgeben und einen Leihvertrag mit der Stadt unterzeichnen, in dem sie versichern, das Haus am 15. Januar 2009 freiwillig zu räumen. Ab diesem Zeitpunkt sei das Gebäude für die Schule für Mode, Grafik, Design in Offenbach vorgesehen, erklärt Damian. Höfliche Worte verdecken, daß die Verhandlungspartner in diesem Spiel sehr unterschiedliche Vorstellungen haben. Vor allem darüber, wann die Besetzung enden soll. »Das große Spektrum an Unterstützern, die an der selbstverwalteten Gestaltung des Hauses teilhaben, bestärken uns in unserem Willen, dieses Haus auch langfristig nutzen zu wollen«, sagt eine Sprecherin der Besetzer. (düp)
Junge Welt, 18.08.2008