Das Haus in der Varrentrappstraße 38 kennt man seit 30 Jahren besetzt. Damals noch Jugendzentrum, sind heute die Mitglieder der Kulturinitiative »faites votre jeu« wieder als Besetzer in dem Gebäude. (Bild: FR/Boeckheler)

Der Ortsbeirat 2 hat den Hausbesetzern aus der Varrentrappstraße 38 am Montag einen versöhnlichen Weg bereitet. Ob sie diesen auch gehen werden, ist noch ungewiss. Die Stadt soll sich darum bemühen, den Besetzern, die sich selbst als Kulturinitiative mit Namen »faites votre jeu!« verstehen, ein Gebäude für das Kulturschaffen bereitzustellen. Allerdings wird von den Besetzern zunächst verlangt, sie sollten das ehemalige Jugendzentrum (Juz) ohne viel Federlesen räumen.

Dieser Antrag, der von den Grünen noch am Tisch ausgearbeitet wurde und ein Papier der Linken ersetzte, in dem finanzielle Hilfe für die Initiative gefordert war, stieß bei der CDU auf wenig Gegenliebe. »Wir bezweifeln, dass die Leute das Gebäude wirklich nur zum Zwecke der Kunst nutzen wollen«, sagte Fraktionschef Axel Kaufmann. Vielmehr vermittle sich der Eindruck, die Besetzung würde politisch instrumentalisiert, auch um »mal wieder ein bisschen Krawall zu machen«. In dieser Ansicht bestärkt hatte den Lokalpolitiker das Verhalten der Initiative in der Sitzung selbst.

Schreck nach den Ferien

Auf Einladung von Ortsvorstehers Walter Bromba war Malte Lütjens, Schulleiter der Schule für Bekleidung und Mode erschienen, um zu berichten, wie sich die Situation aus seiner Sicht darstellt. Die Schule wartet seit rund fünf Jahren darauf, das Gebäude als Erweiterungsbau zu ihrem Domizil in der Hamburger Allee beziehen zu können. Schon 2003 seien erste Begehungen mit der Stadt gewesen. Damals habe das Kollegium auch die Planung aufgenommen. Nur sei lange kein Geld dafür zu haben gewesen.

Im Doppelhaushalt der Jahre 2007 und 2008 war es dann aber soweit. Als Lütjens im August in dem Glauben aus den Ferien kam, die Arbeiten angehen zu können, fand er das Haus besetzt vor. Seither zeigten sich die Besetzer gesprächsunwillig. Er habe mehrfach versucht, ihnen die Lage der Schule darzustellen. 1200 Schüler und 75 Lehrer befänden sich an der Hamburger Allee in »ausgemacht beengten Umständen« und brauchen die zusätzlichen Klassen- und Gruppenräume, die mit der Sanierung des Juz und dem Umzug der Verwaltung dorthin entstehen sollen.
Deswegen wolle er den Ortsbeirat nun bitten, zwei Anträgen der Linken nicht zuzustimmen. »In dem einen fordern sie, die Anzeige gegen die Initiative zurückzuziehen.« Damit aber würde die Stadt die Möglichkeit aus der Hand geben, das Gebäude zur Not auch polizeilich räumen zu lassen. Das könne nicht im Sinne der Schule sein, für die Lütjens als Leiter auf Verlangen der Stadt die Anzeige erstattet hatte.

Bis zum August völlig dem Verfall überlassen

Als Affront hingegen bewerteten die Besetzer, dass dem Schulleiter auf der Sitzung ein Rederecht eingeräumt worden war. »Das ist doch ein ganz klares politisches Signal«, beschwerte sich der Sprecher Matthias Schreiber. Und fadenscheinig sei, was vorgetragen wurde. Schließlich sei das Gebäude bis zum August völlig dem Verfall überlassen worden. »Warum hat man das zugelassen, wenn es angeblich einen Nutzer gab?«, wollten die Besetzer wissen und hielten die Antwort, dass die Stadt sich in Zeiten leerer Kassen schon immer sanierungsunwillig gezeigt habe, wieder für vorgeschoben.

Ebenso wie die Zusicherung Lütjens, das Gebäude sei schon 2003 in dem Zustand gewesen, in dem es die Besetzer 2008 dann vorfanden.

Dabei hätte sich die Juz-Gruppe schon längst einen Eindruck der städtischen Arbeitsweise verschaffen können. Schließlich bemüht sich das Stadtschulamt seit einiger Zeit darum, ihnen eine Alternative anbieten zu können. Im Gespräch war bereits eine Liegenschaft an der Paradiesgasse gewesen. Wie sich nur leider herausstellte, befand sich ausgerechnet dieses nicht im Besitz der Stadt.


Juz Bockenheim

Vor 30 Jahren wurde die Varrentrappstraße 38 erstmals besetzt. Daraus entstand das Juz Bockenheim. 2001 musste das Jugendzentrum seine Türen schließen. Das Stadtschulamt wollte keine 650.000 Mark für die Sanierung des Baudenkmals zahlen, solange das Juz noch drin war.

Ein weiteres Jahr trotzte das Juz und hielt seinen – abgespeckten – Betrieb aufrecht, bevor es 2002 endgültig aufgab. 2003 gab es die erste Begehung von Amt, Bauaufsicht und Schule für Bekleidung und Mode.

Seit 2005 liegen die ersten konkreten Pläne für einen Umbau zur Schul-Dependance vor.

Im August 2008 besetzten Mitglieder der Kulturinitiative „faites votre jeu!“ das verfallende Gebäude. Ob nun, wie geplant, spätestens zum 15. Januar 2009 mit dem Umbau begonnen werden kann, ist ungewiss.

Frankfurter Rundschau, 03.12.2008
von Kim Behrend

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