Die Initiative »Faites votre jeu« will das besetzte Bockenheimer Jugendzentrum nicht zum 15. Januar räumen
Für die Stadt sind es schlicht Hausbesetzer, und rechtlich gesehen liegt sie mit dieser Einschätzung richtig. Studierende der Hochschule für Gestaltung Offenbach (HfG) und der Hochschule für bildende Künste der Städelschule (HfBK) bewerten die Sachlage grundlegend anders. Ihrer Meinung nach hat es die Initiative »Faites votre jeu« geschafft, »Voraussetzungen für experimentelle Kunstproduktion zu organisieren, indem sie Arbeits-, Ausstellungs- und Veranstaltungsräume unkommerziell zur Verfügung stellt«.
Eben das tut die Initiative seit fünf Monaten im ehemaligen Jugendzentrum in der Varrentrappstraße 38. Und weil sie sich nun weigert, die denkmalgeschützte Villa – wie laut Stadt einst zumindest mündlich vereinbart – zum 15. Januar zu verlassen, droht die Zwangsräumung mit der Polizei.
Neue Ausstellung
Während die Stadt also darüber nachsinnt, was an Mitteln sie bereit ist aufzuwenden, um die Situation zu klären, geben sich die Hausbesetzer und ihre Mitstreiter siegesgewiss. Mit einer Solidaritätsausstellung, die sie kommenden Montag im ehemaligen Juz eröffnen wollen, unterstreichen sie ihre Absicht, den Besetzungszustand auf Dauer herzustellen. Bis zum 31. Januar wollen Künstlerinnen von HfG und HfBK als Gruppe »Free Class FFM« ihre Ausstellung »The Real Estate Show« präsentieren. Sie sind sicher, »dass sich die Frankfurter Stadtregierung die öffentlichen Konsequenzen einer solchen polizeilichen Gewalteskalation nicht leisten wird« und laden Bildungsdezernentin Jutta Ebeling (Grüne) »herzlich dazu ein, die laufende Kriminalisierung von ›Faites votre jeu!‹ zu beenden«. Sprich: Die Anzeigegegen Unbekannt wegen Hausfriedensbruch zurückzuziehen.
Anlass zu dieser Aufforderung ist ein Brief, in dem Ebeling die Besetzer erneut aufgefordert hatte, das Gebäude freiwillig zu räumen. Von Mitte Januar an soll es für rund 1,5 Millionen Euro saniert werden, damit die Frankfurter Schule für Bekleidung und Mode mit ihrer Verwaltung dort einziehen kann. Die 1200 Schüler starke Berufsschule unterrichtet unter beengten Umständen.
Durch die Sanierung erhielte sie weitere sieben Klassenräume. Entsprechend verärgert zeigt sich die Stadt darüber, dass die Initiative aus der Duldung heraus versucht, Fakten zu schaffen. Sie sucht dennoch weiter nach Ersatzobjekten, auf die die Hausbesetzer mit ihrem Programm an Workshops, Ausstellungen und Kneipenabenden ausweichen könnten. Ein weiteres Gebäude werde geprüft, berichtet Rüdiger Niemann, Referent im Bildungsdezernat.
Die Initiative hatte vor Weihnachten den Kontakt zur Stadt abgebrochen. Sie unterstellt ihr, sich nicht ernsthaft um Ersatzobjekte zu bemühen. Zwei Angebote gab es bisher. Das erste, ein Wohnhaus in der Lorscher Straße in Rödelheim, sei unbrauchbar, weil dezentral gelegen. Das zweite in der Paradiesgasse in Sachsenhausen wäre geeignet gewesen, wenn sich die Liegenschaft nur auch in städtischer Hand befunden hätte.
Die Stadt wolle die Situation friedlich lösen, sagt Niemann. Verpflichtet, nach einer neuen Unterkunft für die Besucher zu suchen, sei sie aber nicht, betont er.
Besetztes JUZ
Mit einer Party fing alles an. Am Abend des 2. August 2008 feierten einige Dutzend junge Leute im ehemaligen Jugendzentrum (Juz) an der Varrentrappstraße. Das Haus steht seit Jahren leer. Etwa 30 Künstler blieben über das Wochenende hinaus im Gebäude und erklärten es schließlich für besetzt. Sie gründeten die Initiative „Faites votre jeu!“ und richteten Kunstausstellungen aus.
Wenig begeistert von der Aktion ist die Frankfurter Schule für Bekleidung und Mode. Ihr war die Nutzung des Hauses von der Stadt zugesagt worden. Bis zum 15. Januar sollen die Besetzer das Gebäude nun räumen, fordert das Bildungsdezernat.
Frankfurter Rundschau, 08.01.2009 (Print-Ausgabe)
von Kim Behrend