Bei klirrenden Außentemperaturen zeigt sich, wer sich in seinen vier Wänden gemütlich eingerichtet hat und wen eine alte besetzte Villa in Bockenheim abschreckt. Derlei Befürchtungen sind aber unbegründet. Die Initiative“Faites votre jeux“ hat das vormalige Jugendzentrum (JUZ) wieder hergerichtet: Die Heizung funktioniert sogar, und die Räume in der seit einem halben Jahr besetzten Villa haben einen eleganten Farbanstrich erhalten. Die junge Szene möchte die sanierten Räume für ihre Projekte nutzen. Doch trotz aller Mühen droht dem JUZ das Aus. Die »Free Class FFM« der Städelschule und Studenten der Hochschule für Gestaltung bespielen daher gemeinsam das JUZ. Dem freiwilligen Zusammenspiel von HfG und HfBK gelingt, was sich in Institutionen oft als schwer erweist. Die Nutzung von Raum ist ein thematischer Faden der Video- und FotocoIIagen. Während Jeronimo Voss‘ Fotoprojektion aufs Nachbarhaus die bizarre Schönheit der sanierten Innenräume raus auf die Straße holt, hat Jackie Tarquinio für einen Spottpreis Land auf dem Mond eigens fürs JUZ erworben. Gleich nach dem Mondflug kommt der amerikanische Traum vom eigenen Reihenhaus. Auf diesem Traum baute die Immobilienkrise in den USA auf. Das Resultat sind leere Reihenhaussiedlungen und Leute, die in Zelten campieren müssen, weil sie die Häuser nicht bezahlen konnten. Marty Kirchners Videocollage dokumentiert die verlassenen Vorstädte bei Los Angeles ebenso wie die Zeltcamps und die Stimmen der Politiker in den Nachrichten. Kirchners Video zeigt die Schicksale und nicht einfach nur fallende Börsenkurse. »Wie das globale Netz zusammenhängt, zeigt »The Real Estate«.
Journal Frankfurt (Ausgabe 03/09), 23.01.2009 – 05.02.2009
Von Hortense Pisano