Juz Bockenheim
Es ist ein ungemütlicher Ort. Eisige Temperaturen herrschen in dem langen Gang im Erdgeschoss des ehemaligen Gefängnisses an der Klapperfeldstraße nahe der Konstablerwache. Es ist diese Art von Kälte, die in die Klamotten kriecht, die man auch noch spürt, wenn man längst wieder im Warmen sitzt. Jahrelang ist kaum einer den Gefängnisflur entlang gegangen, jahrelang lief in dem Gebäudetrakt keine Heizung. Die Füße werden kalt, die Finger klamm. Michael Damian zieht sich seine Handschuhe an.
Die Kälte soll das Problem der Kunst- und Kulturschaffenden von der Initiative „Faites votre jeu“ nicht sein, verspricht Damian, Referent von Bildungsdezernentin Jutta Ebeling (Grüne). Die Stadt will demnächst die Heizung im Klapperfeld sanieren lassen. Vier bis sechs Wochen sollen die Arbeitendauern. Dann können die jungen Leute, die derzeit das ehemalige Jugendzentrum Bockenheim an der Varrentrappstraße besetzt halten, ihr neues Domizil in der Innenstadt beziehen.
Man merkt Damian an, dass er stolz ist auf die Lösung, die sein Dezernat nun gefunden hat. Die Räume seien doch ideal für die Kulturinitiative, sagt er. Knapp 400 Quadratmeter misst das Erdgeschoss, das die Stadt den Künstlern überlassen will. Damit hat „Faites votre jeu“ fast 100 Quadratmeter mehr Platz als im ehemaligen Jugendzentrum. Es gibt rund 20 Gefängniszellen, jede von ihnen etwa fünf mal 1,50 Meter groß. Die Hausbesetzer könnten sie als Ateliers nutzen. Hinzu kommen mehrere größere Räume – etwa Wachräume und Aufenthaltszimmer für die früheren Gefängniswärter – in denen etwa Ausstellungen möglich wären.
Dass auf die jungen Leute im Klapperfeld einiges an Arbeit wartet, ist allerdings unübersehbar. Der Putz bröckelt von den Decken, die schweren Stahltüren sind mit Sprüchen der Gefangenen beschmiert, in vielen Zellen stehen verrostete Pritschen aus Stahl herum, und die Wände müssen dringend gestrichen werden. Neben den vergitterten Fenstern lassen sich im schummerigen Gefängnislicht große dunkle Flecken erkennen. Wie die einst entstanden sind, möchte man lieber gar nicht wissen.
Die Initiative „Faites votre jeu“ habe bei der Gestaltung der Räume weitgehend freie Hand, sagt Damian. Wände einzureißen, könnte zwar etwas problematisch werden. „Ansonsten ist das deren Etage, mit der sie nach Belieben verfahren können“. Zu dem Objekt, das die Stadt der Kulturinitiative anbietet, gehört auch der Gefängnishof, der mit sechs Meter hohen Mauern aus Backstein umgeben ist. Auch ihn dürfen die Künstler uneingeschränkt nutzen, sagt Michael Damian.
Stimmt die Initiative zu, wird das Bildungsdezernat in den nächsten Tagen einen Mietvertrag aufsetzen. Er sieht vor, dass „Faites votre jeu“ für zwei Jahre ins Erdgeschoss des Klapperfeldes in einziehen darf. Zudem besteht eine Option auf eine Verlängerung dieser Regelung – allerdings nur, wenn die Stadt Frankfurt Eigentümerin des Gebäudes bleibt. Nach wie vor gibt es beim Land Überlegungen, das Haus zu kaufen und als Teil eines großes Justizzentrums rund um die Konstablerwache zu nutzen. „Wir wissen nicht, wie ernst es dem Land damit ist“, sagt Damian.
Die Miete, die die Kulturinitiative bezahlen muss, sei „eher symbolischer Natur“, erklärt der Referent. Die Stadt sähe es gerne, wenn sich „Faites votre jeu“ an den Heizkosten beteiligen würde – vorausgesetzt die Gruppe nimmt mit Kneipenabenden, Ausstellungen und anderen Veranstaltungen etwas Geld ein.
Michael Damian macht keinen Hehl daraus, was er von den Hausbesetzern nun erwartet: Sie sollen das Angebot der Stadt annehmen. Ein besserer Standort sei kaum vorstellbar. Das Bildungsdezernat habe sich auch Räume im Gallus und im Gutleut angeschaut. Dort aber seien Probleme mit den Nachbarn schon abzusehen gewesen, denn die Besetzer seien „nachtaktive Menschen“, wie es Damian formuliert. Rund um das Klapperfeld hingegen wohnt kaum jemand. „Wenn die Initiative diese Lösung nicht akzeptiert, wissen wir auch nicht weiter“, sagt Damian.
So bald die Gruppe das einstige Jugendzentrum Bockenheim, das sie seit Anfang August vorigen Jahres nutzt, verlassen hat, könne dort mit der Sanierung begonnen werden, heißt es von der Stadt. Das ist auch nötig, denn die direkt neben dem Gebäude gelegene Schule für Mode und Bekleidung, der das Haus als Erweiterungsbau zugesagt worden war, braucht die Räume dringend. Im Sommer 2010 soll die Verwaltung der Schule ins ehemalige Jugendzentrum einziehen. In den beiden Hauptgebäuden gäbe es dann Platz für weitere Klassenräume.
Frankfurter Rundschau (www.fr-online.de)
Von Georg Leppert