Leitartikel
Wenn alles gut geht, ist der Streit um das besetzte Haus Varrentrappstraße 38 in wenigen Wochen vorbei. Dann zieht die Initiative „Faites votre jeu“ aus dem einstigen Jugendzentrum Bockenheim aus und richtet sich im früheren Polizeigewahrsam an der Klapperfeldstraße ein. Gut ein Jahr später hätte die Frankfurter Schule für Mode und Bekleidungan derVarrentrappstraße endlich ihren Erweiterungsbau, auf den sie schon so lange hofft.
Kommt es so, wäre das eine Lösung für einen Konflikt, den viele lange Zeit für nicht lösbar hielten. Denneine echte Alternative zum Gebäude in Bockenheim schien es nicht zu geben. Das Klapperfeld ist ohne Frage ein gutes Domizil für die Initiative „Faites votrejeu“. Diejungen Leute hätten dort mehr Platz als in Bockenheim, sie wären an einem zentralen Ort, und dass ein altes Gefängnis in der Szene der Kunst- und Kulturschaffenden als cool gilt, darf manvoraussetzen. Die Stadt hat sich, das muss man anerkennend feststellen, bei der Suche nach einer Bleibe für die Gruppe viel Mühe gegeben.
Dafür muss man Bildungsdezernentin Jutta Ebeling nicht auf Knien danken. Das Angebot, ins Klapperfeld zu ziehen, ist kein Gnadenakt, sondern nur Ausdruck einer Haltung, die in einer Stadt wie Frankfurt selbstverständlich sein sollte: Zur Kultur gehören nicht nur Oper, Schauspielhaus und Städel, sondern eben auch freie Gruppen, die Kunst machen und zugleich politisch aktiv sind.
Fakt ist aber: „Faites votre jeu“ wird es schwerhaben, Argumente zu finden, um das Klapperfeld abzulehnen. Natürlich konnte niemand erwarten, dass die Gruppe schon am Tag nach der ersten Besichtigung das Angebot der Stadt akzeptiert. Denn tatsächlich sind ja noch einige Fragen offen. Mit Recht interessieren sich die jungen Leute vor allem dafür, was eigentlich nach Ablauf des Mietvertrags in zwei Jahren passieren soll. Zwar hat das Land Hessen die Pläne für einJustizzentrum an der Konstablerwache in den vergangenen zwei Jahren nicht besonders intensiv verfolgt, vomTisch sind sie gleichwohl noch nicht. Dass die Gruppe keine Lust hat, viel Zeit und womöglich auch Geld in Sanierung und Umbau des Klapperfeldes zu stecken, um in zwei Jahren wieder ausziehen zu müssen, ist durchaus verständlich.
Wichtig aber ist zunächst einmal, dass die Initiative demVorschlag grundsätzlich offen gegenüber steht. Denn eine andere Reaktion hätte Kritikern der Künstler in die Karten gespielt, die hinter vorgehaltener Hand behaupten, „Faites votre jeu“ sei gar nicht an einer Lösung des Konflikts interessiert, sondern wolle in Wahrheit nur Unfrieden stiften. Und diese Haltung würde nicht zumdurchaus offen wirkenden Auftreten passen, dass die Gruppe in den vergangenen Monaten gezeigt hat.
Frankfurter Rundschau, 29.01.2009
Von Georg Leppert