Das ehemalige Polizeigewahrsam hat eine dunkle Vergangenheit.

Initiative dokumentiert mit ihrer Schau Geschichte des ehemaligen Gefängnisses

Folter, Leid und Ungerechtigkeit waren im ehemaligen Polizeigewahrsam in der Klapperfeldstraße an der Tagesordnung. Eine jetzt eröffnete Dauerausstellung erinnert daran.

Innenstadt. Das Oberlandesgericht überragt das ehemalige Polizeigewahrsam im Klapperfeld um Längen. Doch nicht nur wegen des Schattens hat der 1886 errichtete Bau eine dunkle Seite. So düster wie die Vergangenheit des ehemaligen Gestapo-Gefängnisses ist, so fordernd – und nach Auffassung vieler Gruppierungen längst überfällig – ist die historische Aufarbeitung seiner Geschichte. Deren vorläufige Ergebnisse präsentiert die Aktionsgruppe «Faites votre jeu» jetzt in Form einer Dauerausstellung dem interessierten Publikum.

Den Besucher beschleicht beim Betreten des Gebäudes unweigerlich ein unbehagliches Gefühl. Es ist ein beklemmender Ort. Dicke Stahltüren vor den Zellen sprechen ihre eigene Sprache. Angesichts dieser beklemmenden Verhältnisse ist gar kein großes Brimborium nötig. Und so hängen an den kargen und von den Spuren der Zeit gezeichneten Zellenwänden nur Texttafeln. Darauf stehen exemplarisch Schicksale ehemaliger Insassen.

Endlose Verhöre

Einer davon war Hans Schwert. Ihn lernen Besucher im Untergeschoss kennen. Dort steht in einer Ecke ein Fernseher. Über den Bildschirm flimmert ein in einer Endlosschleife abgespieltes Zeitzeugen-Interview mit dem 102-Jährigen. Schwert war Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), galt somit als Staatsfeind und wurde vor über 70 Jahren in dem Gefängnis gefoltert. Über die Qualen, die endlosen Verhöre und die Anschuldigungen erzählt Schwert im Interview, das Mitglieder der Geschichtsgruppe von «Faites votre jeu» schon im Februar mit Schwert geführt hatten.


Schautafeln, und ein Interview mit Zeitzeugen erinnert an Gewalt, Folter und Ungerechtigkeit.

Ausstellung erweitern

Politik-Studentin Mirja Keller hat am Konzept der Dauerausstellung mitgewirkt und ist sich der Herausforderung bewusst, eine politische und künstlerische Anlaufstelle für Freidenker aufzubauen, ohne den historischen Kontext aus den Augen zu verlieren. «Wir sind froh, dass wir auf diese Weise die dringend notwendige Geschichtsaufarbeitung im Interesse der Insassen übernehmen konnten», meint sie und sagt, dass es noch viel zu tun gebe. Denn mit dem Thema nationalsozialistische Verfolgung sei jetzt nur ein Aspekt der 125-jährigen Geschichte des Gefängnisses aufgearbeitet worden. Andere seien schon in Planung – etwa die «Judenabteilung» der Gestapo, die von 1943 an im Klapperfeld untergebracht war.

Bis 2011 darf «Faites votre jeu» das Gebäude in der Klapperfeldstraße nutzen. Das hat die Stadt zugesagt. Erdgeschoss, der Hof und der Keller des einstigen Polizeigewahrsams, in dem nach Ende des Zweiten Weltkrieges auch Häftlinge einsaßen, denen die Abschiebung drohte, stehen zur Verfügung.
Seit April richten sich Mitglieder der Initiative schon häuslich im ehemaligen Gefängnis ein. Zuvor hatten die Zeichen auf Konfrontation gestanden. Die Stadt hatte angekündigt, das ehemalige JUZ Bockenheim räumen zu lassen. Dieses hatte «Faites votre jeu» im August 2008 mit dem Ziel, darin ein unabhängiges Kulturzentrum zu etablieren, besetzt. Die Nutzung des Hauses war allerdings schon der Schule für Mode und Bekleidung versprochen worden. Nach langwierigen Verhandlungen stellte die Stadt der Initiative ein Ultimatum und bot ihr das ehemalige Polizeigewahrsam als Ausweichquartier an.

Die Initiative sah sich einerseits am Ziel und andererseits mit der verantwortungsvollen Aufgabe konfrontiert, an einem Ort ein autonomes Zentrum zu etablieren, wo über Jahre und Jahrzehnte systematisch Menschenrechte mit Füßen getreten wurden. Doch bei aller gebotener kritischen Reflektion der Vergangenheit will sich die Initiative weiter um die Förderung der lokalen Subkultur kümmern. Auf gut 700 Quadratmetern befinden sich ein Fotolabor, Ateliers, die von Künstlern genutzt werden können, ein wohnzimmerähnlicher Salon und eine Bar. «Bedingung für unseren Umzug war, dass die Stadt hier eine Heizung einbaut. Da sind wir auf gutem Wege», bestätigt Mirja Keller, die sich offenbar langsam mit den Gegebenheiten der neuen Bleibe anfreunden kann.
Jeden Dienstag treffen sich die Mitglieder von «Faites votre jeu» beim Bar-Abend. Die Dauerausstellung kann jederzeit kostenlos in der Klapperfeldstraße 5 besichtigt werden. mov

Frankfurter Neue Presse, 11.08.2009

Vorheriger ArtikelRadiobeitrag: Wie kann das »Klapperfeld« zum Kulturzentrum werden?
Nächster ArtikelGroßes Interesse bei Ausstellungseröffnung