SPD-Vorstoß für ein historisches Kriminalmuseum im ehemaligen Gefängnis sorgt für Irritationen
Das Innenstadtkonzept sieht einen Abriss des ehemaligen Polizeigewahrsams im Klapperfeld vor. Um diesen zu verhindern und um die Initiative »Faites votre jeu« zu unterstützen, schlägt die SPD im Ortsbeirat 1 ein Kriminalmuseum im Gefängnis vor.
Innenstadt. Geschichte braucht Zukunft. Deshalb hat die Kulturinitiative »Faites votre jeu«, die das ehemalige Gefängnis im Klapperfeld für Diskussions- und Kulturveranstaltungen nutzt, im Keller eine Foto- und Video-Ausstellung eingerichtet. Diese dreht sich um die Geschichte des Gebäudes als Haftanstalt für nationalsozialistische Opfer und Abschiebehäftlinge.
Helgo Müller, SPD-Fraktionschef im Ortsbeirat 1, hat darüber hinaus die Idee, im Klapperfeld ein historisches Kriminalmuseum einzurichten. Einen entsprechenden Antrag hat er in die jüngste Sitzung des Ortsbeirats eingebracht. Müller hat das Papier vorsichtig formuliert, denn er will weder die Initiative vertreiben noch dem polizei- und kriminaltechnisch orientierten Museum im Polizeipräsidium an der Adickesallee Konkurrenz machen.
Initiative gegen Museum
Trotzdem hat der SPD-Mann, der bis zu seinem Ruhestand selbst bei der Polizei arbeitete, mit seinem Vorstoß für ein »Kriminalmuseum im Herzen der Stadt« für Irritationen gesorgt. »Wir finden es gut, wenn sich der Ortsbeirat gegen den Abriss ausspricht«, erklärte Jörg Schmidt von »Faites votre jeu« während der Bürgersprechstunde. »Doch wir wollen als unabhängige Initiative nicht behindert werden. Wir verstehen nicht, warum unserem Projekt eine städtische Institution übergestülpt werden soll.«
Einig wurde sich der Ortsbeirat in dem Punkt, dass die derzeitige Ausstellung im Polizeigewahrsam besichtigt werden soll, bevor ein endgültiger Beschluss zur Vorlage der SPD gefasst wird.
Der Sprecher der Grünen-Fraktion, Andreas Laeuen, findet schon jetzt: »Wir sollten uns für die Kulturinitiative und gegen das Museum entscheiden.«
Helgo Müller betonte, er wolle »Faites votre jeu« mit einem Kriminalmuseum keineswegs vertreiben. Im Gegenteil: »Man könnte die von der Initiative erarbeitete Ausstellung über die Geschichte des Polizeigewahrsams in der Nazizeit und den Nachkriegsjahrzehnten in ein historisches Gesamtprojekt integrieren.«
Museale Ergänzung
So könnte eine Ausstellung entstehen, die auch frühere dunkle Jahrhunderte der Kriminalitätsgeschichte bis zurück zu den Hexenverfolgungen beleuchte. Das Museum in Trägerschaft der Stadt könnte das Kriminalmuseum im Polizeipräsidium ergänzen.
Unabhängig von der Entscheidung für oder gegen ein Museum muss geklärt werden, ob die Initiative einen langfristigen Mietvertrag im Polizeigewahrsam erhält. »Wir haben nach der Besetzung des JUZ Bockenheim durch die Initiative einen Mietvertrag bis August 2011 ausgehandelt«, sagt Martin Müller-Bialon, Referent von Bildungsdezernentin Jutta Ebeling (Grüne). Für weitere Verhandlungen ist das Planungsdezernat zuständig.
Dort hält man einen längeren Verbleib der Initiative für denkbar: »Zumindest so lange, wie der Abriss nur theoretisch angedacht ist und kein Politiker oder Investor Interesse an einer anderen Lösung anmeldet«, sagt Dezernatssprecher Mark Gellert.
»Durch ein städtisches Nutzungskonzept sehen wir unsere unabhängige Form der historischen Auseinandersetzung gefährdet«, betont Sandra Schulz von der Initiative. Außerdem sei dann im Gebäude keinerlei Platz mehr für Ausstellungen, Diskussionsforen und Musikabende. got
Frankfurter Neue Presse, 14.05.2010