Künstlerinitiative »Faites votre jeu«

Die Klapperfeldgasse, mitten in der geschäftigen Innenstadt von Frankfurt, war immer ein unwirtlicher Ort. Schon im 16. Jahrhundert gab es hier ein Haus für Pestkranke, später ein Armen- und ein Zuchthaus. Seit 1886 steht hier ein wuchtiges Gebäude, von abweisenden Mauern umgeben: das frühere Polizeigefängnis. Das preußische Polizeipräsidium sperrte Häftlinge hier ein, die Gestapo nutzte die dunklen Zellen als Verhör- und Folterort. In den 1960er Jahren saßen festgenommene Teilnehmer der Studentendemonstrationen hier ein, und zuletzt mussten Flüchtlinge ihre Stunden vor der Abschiebung aus Deutschland hier verbringen. Seit 2001 wird »das Klapperfeld« offiziell nicht mehr als Gefängnis genutzt, tatsächlich saßen aber auch noch bis 2003 Häftlinge in den düsteren, unhygienischen Zellen. Dann aber, nach mehr als 115 Jahren unrühmlicher Geschichte, stand das Gebäude leer.

Unerwartet zog im Frühjahr 2009 neues leben in den Bau: Auf Vorschlag der Stadt Frankfurt richtete sich die unabhängige Künstlergruppe »Faites votre jeu« hier ein, nachdem sie ein zuvor besetztes Jugendzentrum hatte verlassen müssen. Die Gruppe wurde heimisch im Klapperfeld, das zu den letzten authentischen Orten des NS-Terrors in Frankfurt gehört, und setzt sich seitdem produktiv mit der Geschichte des Gefängnisses auseinander. Eine Ausstellung zeigt die ersten Ergebnisse ihrer Recherchen. Schwerpunkt ist die Zeit zwischen 1933 und 1945, in der neben vielen anderen auch der Kommunist und Widerstandskämpfer Hans Schwert für 12 Monate hier inhaftiert war. Die Erfahrungen des jetzt über Hundertjährigen von den Repressionen durch die Gestapo sind in einem Interview auf Video zu sehen. Auch die Geschichte von Ria und Hans Breckenheimer haben die »Faites votre jeu«-Mitglieder aufgezeichnet. Wolfgang Breckenheimer, der zu der jugendlichen Oppostionsgruppe der Edelweißpiraten gehörte, berichtet von seiner jüdischen Mutter, die im Klapperfeld gefangen war, bevor sie nach Auschwitz deportiert und dort ermordet wurde.

Seit einigen Wochen fürchtet »Faites votre jeu«, die Arbeit im Klapperfeld könnte bald zu Ende sein. Die Stadt Frankfurt plant offensichtlich eine andere Nutzung des Geländes. Abriss und Neubau eines Geschäftsgebäudes sind im Gespräch. Noch gibt es keine konkreten Pläne, versichern Verantwortliche der Stadt. Aber die Künstler fürchten, der bis August 2011 geltende Mietvertrag könnte nicht verlängert werden. Sie kündigen Widerstand an:

»Die Abrisspläne werden wir keinesfalls hinnehmen. Wir halten es für unerlässlich, dass dieser Teil der Frankfurter Geschichte erhalten und allen Menschen zugänglich bleibt.«


Die Ausstellung im Klapperfeld ist am dritten Sonntag jeden Monats von 15 bis 18 Uhr zugänglich. Andere Besuchstermine können telefonisch verabredet werden: 0163-9401683 oder info[ät]klapperfeld.de.
Infos und Termine von Veranstaltungen auf der Website: www.klapperfeld.de

»informationen« – Wissenschaftliche Zeitschrift des Studienkreises Deutscher Widerstand, Nr. 71, Mai 2010, 35. Jg. (download pdf)

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