Ort der Ausgrenzung seit langer Zeit: das ehemalige Polizeigefängnis in der Frankfurter Klapperfeldstraße. Heute werden die Räume von der Kulturinitiative »Faites votre jeu!« bespielt, die auch eine sehenswerte Dauerausstellung zur Geschichte des Hauses konzipiert hat. Foto: dpa

Geschichte: Erweiterte Dauerausstellung im ehemaligen Polizeigefängnis Klapperfeld in Frankfurt eröffnet

Frankfurt. Ende April letzten Jahres zog die Initiative »Faites votre jeu!« in das ehemalige Polizeigefängnis Klapperfeld in Frankfurt. Bereits im Juli 2009 präsentierte der Arbeitskreis erste Ergebnisse seiner geschichtspolitischen Auseinandersetzung mit der Geschichte der Institution. Im August fand die Eröffnung des ersten Teils der Dauerausstellung zum Klapperfeld statt. Darüber hinaus waren immer wieder Referenten zu geschichtspolitischen Themen und Zeitzeugen zu Gast.

Vielfältiges Programm

Neben einem Ort der Erinnerung ist das Klapperfeld auch zu einem wichtigen Zentrum geworden. Die Räume werden für kritische politische, künstlerische und kulturelle Arbeit genutzt. Das Programm ist vielfältig, und so besuchten im letzten Jahr nicht nur jüngere Menschen das ehemalige Polizeigefängnis. Es finden verschiedenste Veranstaltungen von Vorträgen und Diskussionsveranstaltungen über Ausstellungen, Lesungen und Theateraufführungen bis hin zu Barabenden und Konzerten statt.

Kürzlich eröffnete der Arbeitskreis die erweiterte Dauerausstellung zur Geschichte des Gebäudes. Den Kern stellt weiterhin die Rolle des Polizeigefängnisses während des Nationalsozialismus dar. Neu entstandene Ausstellungsteile richten den Blick zudem auf die Entstehung des Klapperfelds im 19. Jahrhundert, die Funktion des Gefängnisses in der Weimarer Republik und die Nutzung des Klapperfelds durch die US-Army während der Entnazifizierung.

Parallel dazu gibt es derzeit die Wanderausstellung »Frauen im Konzentrationslager 1933 bis 1945: Moringen – Lichtenburg – Ravensbrück« vom Studienkreis Deutscher Widerstand und der Lagergemeinschaft Ravensbrück zu sehen. Diese zeichnet die Biografien von Frauen nach, die in Konzentrationslagern inhaftiert waren und legt einen besonderen Schwerpunkt auf den Widerstand der Gefangenen.

Widerstand im Extremfall

Die Ausstellung stellt auf 22 Tafeln die Biografien von 51 Frauen vor, die in der NS-Zeit aus rassistischen, politischen, weltanschaulichen, religiösen und sozialen Gründen verfolgt wurden. Einen weiteren Zugang ermöglichen Lesemappen. Sie beschäftigen sich mit dem Widerstehen unter den Extrembedingungen der Konzentrationslager, mit medizinischen Experimenten an Frauen, mit der Situation von Kindern und Jugendlichen in Ravensbrück, mit der weitgehend tabuisierten Frage der Zwangsprostitution, mit der »Topographie des Terrors«, mit Tätern und mit der Befreiung von Ravensbrück. In Vitrinen können Handarbeiten und Gegenstände, die in Moringen, Lichtenburg und Ravensbrück gefertigt wurden, betrachtet werden.

Im Hinblick auf die im Innenstadtkonzept des Stadtplanungsamtes formulierten Pläne, das Klapperfeld abreißen zu wollen, bleibt zu hoffen, dass das nicht umgesetzt wird. Denn durch die Initiative ist das Gebäude nicht nur zu einem weiteren Anziehungspunkt in der Frankfurter Off-Kulturszene geworden, sondern erweist sich auch noch als Hort der Geschichte, die doch allenthalben von Neubauten droht weggewischt zu werden. red

Geöffnet bis 31. Oktober Dienstag 16 bis 19 Uhr, Samstag 15 bis 18 Uhr, Sonntag 15 bis 18 Uhr.

Performance statt Gefängnisalltag: Im Klapperfeld gibt es heute Kunst zu sehen. Foto: red

Stichwort: Das Klapperfeld in Frankfurt

Der heutige Standort des ehemaligen Polizeigefängnisses in der Klapperfeldstraße 5 war schon lange Zeit Ort der Ausgrenzung. Bereits im 16. Jahrhundert befand sich hier ein Pest- und später ein Armen-, Waisen- und Zuchthaus. 1866 wurde Frankfurt kurz nach Beginn des Preußisch-Österreichischen Krieges von der preußischen Armee besetzt und dann durch Preußen annektiert. 1886 wurde das Polizeigefängnis zusammen mit dem damals an die Zeil grenzenden Polizeipräsidium fertiggestellt. Die Flur- und Straßenbezeichnung setzte sich umgangssprachlich als Name für das Gefängnis durch. Ab 1933 wurde das Polizeigefängnis in der Klapperfeldstraße unter anderem von der Frankfurter Gestapo genutzt, wo sie inhaftierte, verhörte, folterte und mordete. Schon Ende der 1950er Jahre war über eine Schließung diskutiert worden, doch erst im November 2001 ist das Gefängnis offiziell geschlossen worden. Das Untersuchungsgefängnis soll abgebrochen werden und durch einen Büro-Neubau ersetzt werden.

Main-Echo Aschaffenburg, 13.10.2010

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