Es ist einiges los an diesem Wochenende: Neben der Besetzung in Mainz gab es auch noch eine Besetzung in Kassel. Auch hierfür alle Daumen hoch. Die besetzte Villa in Kassel wird übrigens vom Hessischen Immobilienmanagent verwaltet, dass die Räumung der Schumnannstraße 60 am 20. Oktober letzen Jahres zu verantworten hatte. Hoffentlich schaffen es die Genoss_innen in Kassel, das Haus länger zu halten. Wir jedenfalls wünschen viel Erfolg! Hier ein erster Text von Blog der Besetzer_innen:
Hausbesetzung im Vorderen Westen
Im Laufe des 22. Juni 2012 wurde von mehreren Aktivist_innen ein Haus im Stadtteil Vorderer Westen in Kassel besetzt. Die Aktion in der Querallee wurde am Nachmittag bekannt gegeben und mit Flyern für die Eröffnungsparty am Abend geworben.
In einer Erklärung der Gruppe, die sich selbst das dokumenta (13 ½) Team nennt, heißt es, das denkmalgeschützte Gebäude soll durch die Besetzung vor Leerstand und damit verbundenem, drohenden Verfall geschützt werden. Gleichzeitig biete es den Raum zur kulturellen Entfaltung, der in Kassel fehlt. Es soll ein Ort entstehen, in dem sich kulturelles und politisches Leben jenseits ökonomischer Zwänge entfalten kann, heißt es weiter.
Bereits vor 10 Jahren wurde zur Eröffnung der documenta, einer weltbekannten Kunstausstellung, die alle 5 Jahre in Kassel stattfindet, von Aktivist_innen ein Haus in der Kasseler Nordstadt besetzt. Das Projekt, das damals unter dem Namen Document A bekannt wurde, bot schon damals unterschiedlichsten Personen einen offenen Raum zur freien Entfaltung. »Der Zeitraum, in dem die documenta stattfindet, hat mit der kulturellen Alltagsrealität der Stadt nicht viel gemeinsam. Abgesehen von dem überschaulichen kommerziellen Kulturangebot und einiger Initiativen und Jugendprojekte, die aufgrund zu hoher Mieten oder mangelnder Unterstüzung sich nur schwer von ihren finanziellen Sachzwängen lösen können, hat Kassel kulturpolitisch die meiste Zeit über wenig zu bieten. Gerade die documenta 13 macht durch das Bespielen dieser vielen ungenutzten Räume deutlich, wie viel Potential es in Kassel gibt. Mit dieser Besetzung wollen wir eben dieses Potential nutzen und damit neue Perspektiven eröffnen, sich ein Stückchen abseits der reinen Marktlogik zu bewegen.«, heißt es abschließend in der Erklärung.
Das Haus in der Querallee steht bereits seit über einem Jahr leer, was für kasseler Verhältnisse eine recht kurze Zeit ist, und ist in einem denkbar schlechten Zustand. Der Balkon ist notdürftig abgestützt worden und auf der Terrasse wuchert Unkraut. Schon der HNA fiel im Februar 2011 auf, dass die Stadt das Gebäude verfallen lässt. Zwar hieß es damals schon, das Gebäude solle an einen möglichen Investor verkauft werden, derartiges ist aber bisher nicht bekannt.
Errichtet wurde die Villa 1896 und wird seit 2001 vom Hessischen Immobilienmanagement verwaltet. In ihrem Inneren befanden sich bis vor einiger Zeit die Büros des Hessischen Baumanagements, was in Anbetracht der Baustellenoptik der Frontseite des Hauses durchaus ein wenig Ironie in sich birgt.
Die Eröffnungsparty in der Querallee 19-21, für die ein paar Stunden zuvor mit Flyern und auf Facebook geworben wurde, lockte wesentlich mehr Gäste an, als von den Aktivist_innen erwartet und der neu eingerichtete Partykeller des alten Gebäudes war brechend voll. Auch wenn mehrere Polizeistreifen im Laufe des Abends am Ort des Geschehens vorbei fuhren, schienen sie sich zunächst nicht sonderlich für das Treiben dort zu interessieren. Erst gegen 3 Uhr morgens, als Beschwerden wegen Ruhestörung, verursacht durch die vielen Menschen, die sich vor dem Haus aufhielten, bei der Polizei eingingen, stattete eine Streifenwagenbesatzung der Party einen Besuch ab. Die drei Polizist_innen verschafften sich Zutritt zu dem Gebäude und versuchten – scheinbar etwas überfordert mit der Situation – einen Verantwortlichen zu finden. Als ihnen dies jedoch nicht gelang und ihnen versichert wurde, dass auf den weiteren Lärmpegel geachtet werden würde, verließen sie das Gebäude recht zügig wieder, versuchten allerdings willkürlich von Menschen auf dem Vorplatz die Personalien aufzunehmen. Da sie keinen Veranstalter der Party ausfindig machen konnten, wollten sie die Sachlage auf der Wache weiter überprüfen und ggf. zurück kommen, was bisher jedoch nicht der Fall war.
Die Besetzer_innen haben sich erstmal ins Haus zurück gezogen und freuen sich über Unterstützung im Laufe des Wochenendes.
Weitere Infos auf: betonwueste.wordpress.com