Diese Woche ist in der Frankfurter Rundschau ein Artikel über die Fahrradwerkstatt erschienen, die von der Haftentlassenenhilfe (www.haftentlassenenhilfe-ev.de) im Klapperfeld organisiert wird. Wer Lust hat, auch mal mit zu schrauben, kann gerne Montags um 14 Uhr vorbeikommen.
Hier der Artikel aus der FR:
Fahrradwerkstatt
Zurück im Knast
Nicht nur Haftentlassene nutzen das ehemalige Gefängnis als Fahrradwerkstatt. Auch Männer, die nie ein Gefängnis von innen gesehen haben, arbeiten in Klapperfeld.
Hohe Backsteinmauern mit Stacheldrahtkrone umgeben den Hof, indem der Wildwuchs wuchert. Eine überdachte Bar ist hier zu finden, Biergartenmobiliar und Reifenstapel. Auf eine Wand sind Marx-Porträts gemalt, auf eine andere eine schwarz vermummte Gestalt, die die Faust in die Luft streckt. In direkter Nachbarschaft stehen die Gebäude der Justiz. Noch vor elf Jahren wurden hier Urteile vollzogen – im ehemaligen Polizeigefängnis Klapperfeld.
In dieser Kulisse werkelt eine kleine Gruppe von Männern an Fahrrädern. Die Gefährte sind nicht im besten Zustand, viele sind schrottreif. Und dennoch gelingt es den Männern, sich aus den Ersatzteilen brauchbare Velos zusammenzubasteln. Das Besondere daran: Die Männer sind mit dem Gesetz in Konflikt geraten, manche haben dafür eine Freiheitsstrafe verbüßt. Mit dem Projekt der Haftentlassenenhilfe bauen sie sich, immer montags, selbst ihren fahrbaren Untersatz – im ehemaligen Knast.
Niemand wollte einen ehemaligen Häftling
»Für die Teilnehmer ist die Werkstatt eine gute Möglichkeit Geld zu sparen«, sagt Joachim Brehm von der Haftentlassenenhilfe. »Mit einem Fahrrad müssen sie nicht mehr schwarzfahren. Außerdem haben sie eine Beschäftigung und eine Tagesstruktur.« Die Räder sind gespendet, der Landeswohlfahrtsverband hat 1500 Euro für Werkzeug dazugegeben. Nur die Suche nach einem Raum für die Werkstatt gestaltete sich schwierig. Niemand wollte die ehemaligen Häftlinge aufnehmen, die auch nach dem Verbüßen ihrer Strafe als Kriminelle gelten.
Ein Problem, mit dem sich auch die Betreiber des ehemaligen Polizeigefängnisses in der Klapperfeldstraße beschäftigen. Die Initiative »Faites votre jeu!« verwaltet das Klapperfeld nicht nur als Autonomes Zentrum, sondern auch als Ausstellungsraum, in dem die Geschichte des Gebäudes seit 1886 aufgearbeitet wird. »Wir haben kein Problem mit den ehemaligen Häftlingen«, sagt Maja Koster von »Faites votre jeu« und fügt hinzu: »Solange die anderen mit dem Ort klarkommen.«
Die Männer schrauben, weil sie es wollen
»Die Teilnehmer finden die Idee gut und witzig«, sagt Brehm. »Sie sehen das entspannt.« Einer von ihnen ist Sven. Der 41-Jährige hat sich an vier Arbeitstagen ein Fahrrad zusammengebaut. Für ihn sei das Basteln eine Freizeitbeschäftigung. Kleinlaut gibt er zu, dass er auch Probleme mit dem Schwarzfahren gehabt habe. »Für mich ist das ehemalige Gefängnis wie jedes andere«, sagt er.
Chris hat schon mit sechs Jahren angefangen, an Fahrrädern herumzuschrauben. Mittlerweile bastelt der 21-Jährige lieber an Rollern herum. Er hat sich sogar schon einen Golf zusammengebaut. Doch wegen schlechter Angewohnheiten hatte er auch mit der Polizei zu tun: Mit 15 klaute er Fahrräder, auf seinem frisierten Roller fuhr er zu schnell, ohne Führerschein und entgegen der Fahrtrichtung, einmal hat er betrunken Stühle auf einen Demonstrationszug geworfen. Im Gefängnis ist er bisher nicht gewesen. Da aber ein Gerichtsverfahren läuft, wolle er mit seiner Teilnahme an der Fahrradwerkstatt zeigen, dass er etwas Sinnvolles macht.
Vier Stunden pro Woche als Aushilfe
Mario ist der einzige Fahrrad-Profi. Neben einer Ausbildung als Gas- und Wasserinstallateur hat er auch eine als Radmechaniker gemacht. Weil der 43-Jährige körperliche Leiden hat, fällt es ihm schwer, Arbeit zu finden. Vier Stunden in der Woche in der Werkstatt der Haftentlassenen auszuhelfen, mache er gerne. »Ich habe nie einen Knast von innen gesehen«, sagt er.
Einmal hatte er mit Jugendlichen zu tun, die zum Fahrradmontieren gezwungen worden waren, aber hier wollen tatsächlich alle schrauben. »Es macht Spaß, mit diesen Leuten zu arbeiten«, sagt er. »Es ist der beste Job, den ich je hatte.«
Frankfurter Rundschau, 17.07.2012
Von Lukas Gedziorowski