Im ehemaligen Polizeigefängnis Klapperfeld zeigt eine Schau Fotos und Filme von Europas Grenzen und dokumentiert die Lebenssituation von Flüchtlingen
»Wie groß muss der Friedhof auf meiner Insel noch werden?«, fragt Giusi Nicolini. Die Bürgermeisterin von Lampedusa beklagt in ihrem offenen Brief, der seit kurzem im Internet kursiert, die vielen ertrunkenen Flüchtlinge, die bei dem Versuch starben, die italienische Insel zu erreichen.
In Frankfurt nimmt eine Ausstellung im ehemaligen Polizeigefängnis Klapperfeld ebenfalls einen Friedhof auf Lampedusa und die europäische Einwanderungspolitik in den Blick: »Europäische Grenzen: Traces to and through Europe“ heißt die Schau – und »mit den Fotos aus Lampedusa fing alles an«, erzählen Alexander Wagner und Katharina Vester. Sie gehören zum siebenköpfigen Planungsteam, das über Freunde und die Frankfurter No-Border-Initiative zueinander fand. Unterstützt von zahlreichen Kooperationspartnern haben sie ein umfangreiches Begleitprogramm mit Diskussionen, Filmabenden, Stadtführungen und Lesungen auf die Beine gestellt.
Das Klapperfeld ist eine passende Kulisse – einst saßen hier Abschiebehäftlinge ein
»Die Ausstellung soll eine politische Öffentlichkeit schaffen und darüber aufklären, was Grenzpolitik für Menschen bedeutet, die nach Europa kommen wollen«, sagtWagner.
Neben den Lampedusa-Bildern des Vereins Lovis sind auch Fotos von Philip Eichler zu sehen. Er hat die Lebenssituation von Menschen ohne Papiere festgehalten, die auf dem Weg nach Großbritannien in der französischen Küstenstadt Calais festsitzen. Auf den Bildern siehtmanMenschen, die sich im Spiegel von Glasscherben rasieren, durch notdürftig geflickte Zeltplanen blicken, sich an Lagerfeuern wärmen.
Ein weiterer Teil der Ausstellung dokumentiert die Lebenswege junger Menschen aus dem Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Lesbos. Ergänztwerden die Fotoreihen von mehreren Kurzfilmen und Hörfunkfeatures. Und von der kalten Kulisse des Veranstaltungsortes: Im Klapperfeld saßen bis vor wenigen Jahren Abschiebehäftlinge ein. Mitten in Frankfurt.
Begleitprogramm
Eröffnet wird die Schau in der Klapperfeldstraße 5 am Donnerstag, 17. Januar, um 17 Uhr. Die Regisseurin Alexandra D’Onofrio und der Journalist Gabriele Del Grande zeigen um 20 Uhr Filme über Abschiebehäftlinge.
Besichtigungszeiten bis 15. Februar: Samstags und sonntags, 15 bis 18 Uhr, sowie am 22.1., 29.1., 4.2., 14.2., 17 bis 20 Uhr; 24.1., 30.1., 7.2., 13. 2. 10 bis 13 Uhr.
Das Begleitprogramm findet, sofern nicht anders angegeben, in den Ausstellungsräumen statt. Eine Auswahl:
Mittwoch, 23. Januar, 19.30 Uhr: Lesung mit Zekarias Kebraeb und Marianne Moesle: »Hoffnung im Herzen, Freiheit im Sinn. Vier Jahre auf der Flucht nach Deutschland«.
Donnerstag, 24. Januar, 19.30 Uhr: Diskussion über »Illegalisierte Migration nach Europa« am Beispiel von Menschen ohne Papiere in Calais.
Samstag, 26. Januar, 15 Uhr: Führung durch die Ausstellung mit dem Fotografen Philip Eichler. 16 Uhr: Diskussion zur Grenzkontrolle von Frontex und privaten Sicherheitsfirmen.
Montag, 28. Januar 2013, 20 Uhr: Diskussion zu Hintergründen und Konsequenzen europäischer Migrationspolitik, Flüchtlingslager und Abschiebegefängnisse in Nordafrika. Club Voltaire, Kleine Hochstraße 5.
Donnerstag, 31. Januar, 19.30 Uhr: »We love Bleiberecht« – Barabend mit Erzählungen, Gesang und Rap mit Hassan Khateeb und Yahye Adan Dualle, Jugendliche ohne Grenzen. Siks, Koblenzer Straße 9.
Weitere Programmpunkte im Internet, unter grenzen.klapperfeld.de
Frankfurter Rundschau, 16.01.2013
Von Marie-Sophie Adeoso