Kulturprojekt »Faites votre jeu« feiert fünfjähriges Bestehen / Geschichte des alten
Frankfurter Rundschau
Von Christina Lenz
Polizeigefängnisses erforscht Die Initiative »Faites votre jeu« gestaltet seit fünf Jahren den öffentlichen Raum mit kulturellem Leben und kritischem Denken. Mehrere hundert Menschen feierten am vergangenen Samstag das fünfjährige Bestehen im sogenannten »Klapperfeld«.
Angefangen hatte alles 2008, als eine kleine Gruppe von politischen Aktivisten das ehemalige JUZ Bockenheim besetzte. Zwar billigte die Stadt die Aneignung nicht, bot der Gruppe aber nach zermürbenden, öffentlich und medial geführten Debatten ein Ersatzobjekt an: das ehemalige Polizeigefängnis an der Klapperfeldstraße, kurz »Klapperfeld«. Das Gebäude hatte unter anderem als Gestapo-Gefängnis gedient und war in den 80er Jahren als Abschiebegefängnis genutzt worden. »Das Klapperfeld soll ein offener Ort für alternative Kultur sein, jenseits von ökonomischen Zwängen«, sagt Jörg Schmidt, seit Beginn bei »Faites votre jeu« dabei, das Kulturprojekt.
Die Gäste tummeln sich auf dem immer noch von Stacheldraht umsäumten Hof des ehemaligen Polizeigefängnisses. »Wir wollen möglichst viel von der Geschichte des Gebäudes erhalten, keine Spuren verwischen«, erklärt Schmidt. Die schwierige Gratwanderung zwischen lebensfroher Kulturszene und einem verantwortungsvollen Umgang mit dem bedrückenden Areal ist auch an diesem Nachmittag spürbar. Es werden einerseits mehrere Führungen durch die Gefängniszellen angeboten, andererseits wird bei Punk-Konzerten auch richtig gefeiert.
Die linke Gruppe habe sich anfangs den Kopf über eine angemessene Nutzung des Gebäudes zerbrochen. »Lassen sich Kultur, Kunst und Feste einfach umtopfen in Räume, in denen Menschen gefoltert und eingesperrt wurden? Das war für uns keine leichtfertige Entscheidung,« erzählt Sarah vom Arbeitskreis Geschichte.
Unermüdlich hat die Gruppe die Geschichte dieses Ortes erforscht: Diverse Stadtarchive und Suchregister wurden nach Akten durchforstet, Zeitzeugen ausführlich befragt. Viele Vorgänge wären ohne die Arbeit nie ans Licht gekommen. Zum Beispiel, dass die Frankfurter Polizei zur NS-Zeit neben der Gestapo aktiv in die Inhaftierung und Deportationen von Juden und Oppositionellen verwickelt war. Eine Dauerausstellung und unzählige Einzelausstellungen bilden die Geschichte der Unterdrückung ab. Keine städtische Initiative hatte Vergleichbares für den Ort je geleistet. Es habe vielmehr Pläne gegeben, das Gebäude zu einem Hotel zu machen oder sogar abzureißen, um den Innenstadtbereich aufzuwerten und das »Mikroklima des Stadtteils zu verbessern«, erzählt Schmidt.
Inzwischen beherbergt das Gebäude Ateliers, Proberäume, Sportgruppen und sogar eine Garten AG. Film- Vortrags- und Musikprojekte werden hier verwirklicht, Barabende veranstaltet und Schulklassen regelmäßig durch das Gebäude und seine Geschichte geführt. Im Moment arbeitet der Arbeitskreis Geschichte daran, die vielen Inschriften von Abschiebehäftlingen zu übersetzen, um auch auf diesen Abschnitt der Geschichte des Ortes besser aufmerksam zu machen.