Zwei Foto-Ausstellungen im Klapperfeld zeigen Schicksale zwischen Asyl und Ausweisung.

Ein Video flimmert über einen ausrangierten Röhrenmonitor: „Sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr schlecht“ sei die Situation im Lager, sagt ein Flüchtling in die Kamera. Er lebt in der Ankunfts- und Rückführungseinrichtung im oberbayerischen Manching bei Ingolstadt. Abschiebelager wird sie auch genannt. Gezeigt wird das Video in einer Zelle des früheren Frankfurter Gefängnisses Klapperfeld.

In den kommenden Wochen hat die Initiative „Faites votre jeu!“ hier zwei unabhängig voneinander entstandene Ausstellungen zu Gast. Sie dokumentieren Schicksale von Flüchtlingen zwischen Asyl und Abschiebung. Am Mittwochabend wurden sie eröffnet.

Das Video auf dem Monitor leitet die Foto-Ausstellung „Inside Abschiebelager“ ein. Katrin Rackerseder und Mia Pulkkinen vom Bayerischen Flüchtlingsrat haben sie erstellt. Fotos und kurze Texte von Flüchtlingen dokumentieren den zermürbenden Alltag im Abschiebelager. „Das ist die Hölle!“, ist zu lesen.

Seit September 2015 werden Asylbewerber mit „geringer Bleibeperspektive“ in Lagern versammelt: in Manching vorwiegend Menschen vom Westbalkan. Das Ziel: die Verfahren bündeln und die Menschen bei Ablehnung der Asylanträge schnell in ihre Herkunftsstaaten zurückführen. Seit Juli heißen die Lager Transitzentren. Neben Manching gibt es zwei weitere in Bayern. Die Ausstellung solle zeigen, wie „Leute durch schlechte Lebensbedingungen bewusst mürbe gemacht“ werden, sagte Initiatorin Rackerseder. Flüchtlinge klagten über schlechten Unterricht, fehlende Betreuer, das Essen, Isolation und Überwachung.

Im Lager leben auch Sinti und Roma. Manche seien in Deutschland geboren und würden dennoch in den Westbalkan abgeschoben, sagte Kenan Emini vom Roma Antidiscrimination Network. Und fragte: „Wo sollen diese Leute hin?“ Er hat die Ausstellung mitgestaltet, die einen Raum weiter zu sehen ist. Sie zeigt, was Roma – einmal abgeschoben – im Westbalkan erwartet. Fotografien aus den Städten, von den Stadträndern und der Provinz zeigen Diskriminierung, Müll und Verwahrlosung. „Ich finde es krass und weiß noch gar nicht, wie ich es einordnen soll“, sagte ein Besucher.

Vor der Ausstellungseröffnung hatte der Förderverein Roma in die Braubachstraße eingeladen, um der Ermordung von fast 3000 Sinti und Roma am 2. August vor 73 Jahren im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau zu gedenken. Dort erinnert seit 2000 eine Gedenktafel an die Verbrechen an Roma zur Nazizeit. Damals steuerten Leiter des Stadtgesundheitsamts die Inhaftierung und Folter von Roma.


Frankfurter Rundschau, 03.08.2017
Von Jakob Maurer

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