Kompromisslose Räumung oder doch lieber Mietverträge? Im Planungsausschuss wird heftig über den Umgang mit den selbstverwalteten Zentren gestritten.
Dichtgedrängt sitzen und stehen die Menschen in dem Raum, in dem der Planungsausschuss des Stadtparlaments tagt. Diese monatlichen Sitzungen sind ein Panorama der gesellschaftlichen Konflikte, die gerade in der Stadt ausgetragen werden. Vertreter etlicher Initiativen melden sich zu Wort, die Fragestunde dauert ganze zwei Stunden.
Um die selbstverwalteten Zentren Café Exzess und Klapperfeld sowie die seit 34 Jahren besetzten Gebäude In der Au 14 -16 in Rödelheim entwickelt sich eine scharfe Debatte. Die AfD hat beantragt, die Au sofort räumen zu lassen, die FDP will, dass die Stadt einen Mietvertrag mit den Besetzern schließt. Verteidiger und Unterstützer der Zentren melden sich zu Wort. „Das Klapperfeld, die Au und das Exzess erfüllen in Frankfurt eine wichtige Funktion“, sagt Yasmin Wendnagel vom Kinder -und Jugendzirkus „Zarakali“. Es gebe Theater, Filmvorführungen und Musik, in der Au werde mit Geflüchteten gearbeitet.
„Die Au ist ein alternativer Wohn- und Kulturort und eine Begegnungsstätte“, sagt Meike Landgraf, die sich, sagt sie, dort öfter aufhält. Auch Grüne und Linke verteidigen die Zentren. „Sie sind die letzten Freiräume jenseits der dominanten kapitalistischen Ordnung“, sagt der Linke Michael Müller. „Man kann nicht alle Menschen, die dort ein- und ausgehen, unter Generalverdacht stellen“, sagt Manuel Stock, Fraktionschef der Grünen im Römer.
Tafel-Stein: Zentren sind „rechtsfreie Räume“
Doch Elke Tafel-Stein, planungspolitische Sprecherin der FDP, schert das wenig. Die Frau, die früher Galionsfigur des linken Flügels der Frankfurter Sozialdemokraten war, startet einen Generalangriff gegen die Zentren. Sie seien „rechtsfreie Räume“, ruft sie, und weiter: „Sie beherbergen linksextreme Menschen, die Frankfurt und Hamburg verwüstet haben!“ Dort herrsche „Lust am Zerstören“.
Die Diskussion läuft aus dem Ruder. Die rechtspopulistischen Bürger für Frankfurt (BFF), aber auch die CDU hauen in die gleiche Kerbe. „Man kann einen 34 Jahre andauernden Rechtsbruch nicht rechtfertigen“, urteilt Mathias Mund von BFF. „Gesellschaftspolitische Experimente“ dürften nicht auf Kosten der Stadt gehen. CDU-Fraktionschef Michael zu Löwenstein fordert „die Strafverfolgungsbehörden“ auf, sich das Café Exzess „genau anzusehen“. Er stellt sich aber vor die Nutzer des Klapperfelds im Gerichtsviertel: „Der Mietvertrag dort steht nicht zur Disposition“. Über die Zukunft der Au verhandele die Römer-Koalition: „Es ist schwer zu vermitteln, dass die Menschen dort Mietverträge für lau haben.“
Die Menschen im Ausschussbringen andere Probleme zur Sprache: Die geplante Bebauung am Palmengarten, der neue Stadtteil im Norden, der Kulturcampus, das Ernst-May-Viertel, das neue Wohnquartier Bonames-Ost – überall brennt es.
Frankfurter Rundschau, 22.08.2017
Von Claus-Jürgen Göpfert