Wie verschiedene, zu diesem Zeitpunkt noch anwesende Nutzer*innen des Klapperfelds übereinstimmend berichteten, kam es am Montagabend, den 16. Oktober 2017 zu einem Vorfall, an dem auch der hessische CDU-Minister für Wissenschaft und Kunst Boris Rhein beteiligt war.

Einer der Anwesenden beschrieb den Vorfall wie folgt: »Gegen 22:40 Uhr klopfte und klingelte es an der Tür. Wir hatten das massive Auftreten von Neurechten und Neonazis auf der Buchmesse und ihre teils gewalttätigen Angriffe noch sehr präsent. Deshalb schauten wir zunächst durch ein Fenster und sahen eine Gruppe von etwa 10 Männern im Alter zwischen Ende 20 und etwa 70 Jahren. Ihrem Kleidungsstil nach zu urteilen, schienen sie einem eher konservativen Milieu zu entstammen. Da die Männer bemerkt hatten, dass wir uns im Gebäude aufhielten, forderten sie lautstark Einlass, hämmerten gegen die Tür und klingelten Sturm. Dies hielt etwa 20 Minuten an. Als einer der Männer durch die Scheibe schaute, war ich mir sicher, dass es sich um den ehemaligen Innenminister Boris Rhein handelte.«

Eine weitere Anwesende ergänzte: »Da wir zunächst annehmen konnten, dass es sich nicht um gewalttätige Neonazis handelte, sondern ›nur‹ um eine Gruppe betrunkener CDUler, beschlossen wir, die Tür zu öffnen und mit der Gruppe zu reden. Sofort schrien mehrere der offensichtlich teils stark alkoholisierten Männer gleichzeitig auf uns ein: Was wir hier machen würden? Wieso sie nicht rein dürften? Dass dies ein öffentlicher Ort sei und sie das Recht hätten, sich umzuschauen und die Ausstellung zu sehen. Da nur Boris Rhein uns namentlich bekannt war, sprachen wir hauptsächlich ihn an. Der uns bedrängenden und pöbelnden Gruppe erklärten wir, wir könnten nur dann auf Fragen antworten, wenn nur eine Person redet. Die Situation beruhigte sich etwas aber Boris Rhein forderte weiterhin vehement Einlass. Immer wieder riefen seine Begleiter lautstark dazwischen. Wir verwiesen auf die Öffnungszeiten und machten auf unser Hausrecht aufmerksam. Als Law-and-Order-Politiker müsste er doch verstehen, dass es auch hier gewisse Regeln gebe und er um diese Uhrzeit und in diesem Zustand auch im MMK oder an anderen Ausstellungsorten in Frankfurt keinen Einlass erhalte. Da die Diskussion sich im Kreis zu drehen schien, boten wir der Gruppe Flyer mit Informationen zum Projekt, den Ausstellungen und den Öffnungszeiten an und schlossen die Tür, um diese zu holen. Offensichtlich bestand daran kein ernsthaftes Interesse, denn als wir nach wenigen Minuten zurückkamen, hatte sich die Gruppe – abgesehen von zwei älteren Männern – aufgelöst. Diese verlangten jetzt Zugang zur Toilette. Wir verwiesen sie an die Restaurants in der Umgebung, die zu dieser Zeit noch geöffnet haben, drückten ihnen die Flyer in die Hand und schlossen die Tür. Erst dann hatte der Spuk ein Ende.«

Maja Koster, eine Vertreterin der Initiative »Faites votre jeu!«, die im ehemaligen Polizeigefängnis Klapperfeld seit 2009 ein selbstverwaltetes Zentrum betreibt, ordnete diesen Vorfall im Sinne einer nach rechts rückenden Gesellschaft ein, in der Orte alternativer und linker Politik und Kultur zunehmend bedrängt und angegriffen werden: »Nicht erst seit den Ergebnissen der Bundestagswahl und den Vorfällen auf der Buchmesse ist ein deutlicher Rechtsruck zu spüren. Zuletzt wurden während der Proteste gegen den G20 Gipfel in Hamburg die Pressefreiheit eingeschränkt, das Demonstrationsrecht teilweise außer Kraft gesetzt und die legitimen Proteste gegen den Gipfel kriminalisiert und im Nachgang genutzt, um eine bundesweite Angriffswelle auf linke Strukturen starten, die sich auch in Frankfurt in der Bedrohung linker Zentren wie dem Klapperfeld äußerte. Während CDU-Innenminister De Maiziere die linke Medienplattform linksunten.indymedia.org verbieten ließ, äußert sich diese gesellschaftliche Stimmung auf der Straße in der Zunahme von Angriffen auf alles, was nicht ins rechte Weltbild passt. In diesem Kontext sehen wir auch, dass der hessische CDU-Minister für Wissenschaft und Kunst Boris Rhein mit seinen Saufkumpanen im Klapperfeld Anwesende Nutzer*innen bedrängt und nötigt.«

Christopher Schneider, ebenfalls im Klapperfeld aktiv, ging auf einen anderen Aspekt des ungebetenen Besuches ein: »Innenminister Peter Beuth und sein Verfassungsschutz werden ja nicht müde gegen linke Zentren zu hetzen und zu behaupten, das Klapperfeld sei ein ›Rückzugsraum für politisch motivierte Gewalttäter‹. Mit seinem nächtlichen Besuch hat Beuths Parteifreund und Vorgänger Rhein offengelegt, dass diese öffentlich gebetsmühlenartig wiederholte ›Gefahrenprognose‹ nicht mal von der hessischen CDU-Spitze ernst genommen wird. Es entlarvt das Geschwätz von VS, Beuth und Co. als das, was es ist: Rechte Hetze und Diffamierung von linken und emanzipatorischen Strukturen.«

Abschließend erklärte Maja Koster: »Dieser zunächst humoristisch erscheinende Vorfall offenbart, wie fließend die Grenzen zwischen den vermeintlichen Biedermännern wie Rhein und Co. und dem rechten Mob auf der Straße sind. Einmal mehr wird deutlich, dass linke Zentren in Zeiten einer neurechten reaktionären Formierung und der deutlich spürbaren Zunahme von Menschenfeindlichkeit und rechter Gewalt als Gegenpol und Orte der Organisierung gebraucht und verteidigt werden müssen.«


Pressemitteilung als PDF: download

Vorheriger ArtikelFDP gegen Graffiti
Nächster ArtikelBoris Rhein kommt nicht ins »Klapperfeld« rein