Ein Graffito am autonomen Zentrum Klapperfeld sorgt im Stadtparlament für Ärger. Die CDU will den Vertrag mit der Initiative „Faites votre jeu!“ so schnell wie möglich beenden.
Die Frage, ob jemand Polizeibeamter sein muss, lässt sich am Freitag nicht mehr eindeutig klären. Jedenfalls ist das Graffito „Niemand muss Bulle sein“ am autonomen Zentrum Klapperfeld zum Teil übermalt. Das Wort „Bulle“ ist nicht mehr zu lesen, und manch einer in Politik und Verwaltung wundert sich, wie es dazu kommen konnte. Im Bildungsdezernat, das für das Gebäude seit der Amtszeit von Jutta Ebeling (Grüne) zuständig ist, hat man jedenfalls keine Kenntnis davon, dass die nicht sehr nette Bezeichnung für Polizisten ersatzlos gestrichen wurde.
Am Donnerstagabend war der Spruch Anlass für eine Debatte im Stadtparlament, die kurz ausfiel, am Freitag in Pressemitteilungen und Gesprächen mit Journalisten aber umso heftiger fortgesetzt wurde. Uwe Schulz (FDP) hatte sich darüber aufgeregt, dass ein solcher Spruch mitten im Gerichtsviertel an der Wand eines städtischen Gebäudes steht. Wobei Schulz und Ordnungsdezernent Markus Frank (CDU) deutlich machten, dass sie mit der derzeitigen Nutzung des Gebäudes ohnehin nicht besonders glücklich sind.
Seit 2009 ist die Initiative „Faites votre jeu!“ in dem Haus ansässig. Sie organisiert Diskussionen, Workshops und Ausstellungen etwa zur Geschichte des Gebäudes, das von 1933 bis 1945 eine Haftanstalt der Gestapo war und später als Abschiebegefängnis diente. Was CDU und FDP aber mehr stört: Das Klapperfeld taucht im Verfassungsschutzbericht auf – als ein Rückzugsort der linksradikalen Szene etwa bei Demonstrationen.
Martin Kliehm (Linke) stellte am Freitag klar, dass er das Graffito vollkommen in Ordnung finde. Schließlich beziehe sich der Spruch auf die Geschichte des Gebäudes. Und mit dem Wort „Bulle“ seien eben nicht „ehrliche Polizistinnen und Polizisten“ gemeint, sondern solche Beamten, die ihre Stellung missbrauchten, um Menschen zu drangsalieren.
Derartige Spitzfindigkeiten spielen für Christoph Schmitt, den sicherheitspolitischen Sprecher der CDU im Römer, keine Rolle. Er forderte im Gespräch mit der FR, dass die Stadt den Mietvertrag mit den Nutzern so schnell wie möglich beendet. Das polizeikritische Graffito, die Erwähnung des Gebäudes im Verfassungsschutzbericht, das heruntergekommene Erscheinungsbild des denkmalgeschützten Hauses – das alles lässt Schmitt zu dem Schluss kommen: „Das Klapperfeld passt in dieser Form nicht ins Gerichtsviertel.“ Zahlreiche Juristen hätten sich über das Gebäude schon irritiert gezeigt. Schmitt schlägt deshalb vor, das Grundstück dem Land Hessen für eine Erweiterung des Justizzentrums anzubieten.
Doch der CDU-Mann weiß auch, dass derartige Vorstöße in der Koalition mit SPD und Grünen wenig Aussicht auf Umsetzung haben. Schmitt hatte bereits gefordert, den Besetzern der Au in Rödelheim Mietverträge vorzulegen. Gescheitert war er damit am Widerstand der Grünen. Deren Fraktionschef Manuel Stock teilte am Freitag mit, „Faites votre jeu!“ leiste wertvolle Arbeit: „Frankfurt braucht solche Orte.“ Das Klapperfeld sei ein „kultureller Freiraum“, der dringend benötigt werde.
Frankfurter Rundschau, 22.06.2018
vonGeorg Leppert