Am kommenden Samstag, den 4. August lädt »Faites votre jeu!« anlässlich ihres zehnten Geburtstags Freund*innen, Unterstützer*innen und alle ­Interessierten zum Sommerfest ins ehemalige Polizeigefängnis Klapperfeld ein. Die Initiative nutzt das Gebäude seit über neun Jahren als Autonomes Zentrum und hat dort zwei Dauerausstellungen zur Geschichte des ­Gefängnisses eingerichtet. »Wir feiern das Klapperfeld als selbstverwalteten Raum für emanzipatorische Politik, ­Kultur und ­Geschichtsarbeit.«, sagt Maja Koster, aktiv bei »Faites votre jeu!«.

Das Sommerfest nimmt die Initiative mit einem vielfältigen Programm – Ausstellungen, Führungen, Workshops, Musik, ­leckeres Essen und Getränke, Tanz und Party – auch in diesem Jahr zum Anlass, sowohl das schwierige Erbe des Hauses als auch die ­Gegenwart linker Politik in Frankfurt sichtbar zu machen. Seit dem Einzug von »Faites votre jeu!« vor neun Jahren ist das ­Klapperfeld zu einem wichtigen Zentrum in Frankfurt geworden: Die Räume werden für kritische, politische, künstlerische und kulturelle Arbeit genutzt. Besucher*innen können regelmäßig die Dauerausstellungen zur Geschichte des Ortes besuchen – eine mit dem Schwerpunkt auf der nationalsozialistischen Vergangenheit und eine weitere zur Abschiebehaft. Selbstverwaltet und unkommerziell organisieren im Klapperfeld außerdem Menschen in unterschiedlichsten Zusammenhängen regelmäßig ein breites Spektrum an Veranstaltungen: von Zeitzeug*innengesprächen, Vorträgen und Diskussions­veranstaltungen über ­Ausstellungen, Lesungen und Theateraufführungen bis hin zu Barabenden, Konzerten und Partys.

Matthias Schneider, ebenfalls aktiv bei »Faites votre jeu!«, freut sich über den großen Zuspruch und das breite Interesse, den das Projekt erfährt: »Seit wir das ehemalige Polizeigefängnis Klapperfeld als selbstverwaltetes Zentrum nutzen, ist viel passiert: Allein die beiden Dauerausstellungen konnten im letzten Jahr über 1.000 Einzelbesucher*innen zählen – nicht eingerechnet sind die vielen Führungen mit Schulklassen, Seminaren von Studierenden und anderen Gruppen. Neben den Ausstellungen erfreuen sich Proberäume, der Sportraum, die Fahrrad- und Holzwerkstätten, der Siebdruckraum und verschiedene Ateliers unzähliger Nutzer*innen und auch Lesungen, Diskussionsveranstaltungen, Konzerte und Partys füllen die Veranstaltungsräume regelmäßig bis auf den letzten Platz. Wenn das kein Grund zur Freude ist.«

Angriffe auf linke Strukturen und das Klapperfeld

Trotz der vielfältigen, seit zehn Jahren andauernden, professionellen Arbeit von »Faites votre jeu!« häuften sich in den letzten Monaten die Angriffe auf das Autonome Zentrum in der Frankfurter Innenstadt. Maja Koster ordnet diese ein: »Die Angriffe auf uns und andere linke Strukturen begreifen wir als Teil des um sich greifenden Rechtsrucks in Deutschland und Europa. In Frankfurt und Hessen scheinen sich FDP und CDU ein Wettrennen darum zu liefern, die AfD rechts zu überholen und im Wahlkampftheater rund um die anstehende Hessenwahl haben sie sich eben auch linke Strukturen ausgesucht, um sich ins ›rechte Licht‹ zu rücken.«

Davon, was im Klapperfeld passiert, haben die rechten Hetzer*innen von FDP bis AfD offensichtlich keinen Schimmer und auch Christoph Schmitt, Law-and-Order-Fachkraft der Frankfurter CDU, der seit Wochen gegen »Faites votre jeu!« mobilmacht, musste im Interview mit der Frankfurter Rundschau zugeben, dass es keinerlei Erkenntnisse über Straftaten gäbe, die im Klapperfeld begangen oder geplant worden seien. In ihren Diffamierungen stützen sie sich die Angreifer*innen einzig auf die Behauptungen des hessischen Verfassungsschutzes. Matthias Schneider kommentiert: »Einzige Quelle für all die haltlosen Unterstellungen gegen uns und unsere Initiative ist eine Behörde, von der spätestens seit der Selbstenttarnung des Nationalsozialistischen Untergrunds 2011 bekannt ist, dass sie knietief in rechtsterroristischen Neonazistrukturen steckt. So lange die Rolle und Verstrickung des Verfassungsschutzes im ­NSU-Komplex nicht im Ansatz aufgeklärt ist, sollte dies die letzte Institution sein, auf deren Grundlage argumentiert wird.«

Maja Koster ergänzt: »Die Unterstellung, unsere ›kulturellen Angebote‹ seien bloß ›Deckmantel für dahinterliegende links­extremistische Aktivitäten‹, wie der Verfassungschutz in seinem jüngst erschienenen Bericht behauptet, ist eine durch nichts belegte Anmaßung. Wenn die ›Arbeit‹ dieser Behörde keine reale Folgen hätte und sie nicht die Munition für Angriffe auf uns und andere liefern würde, könnten wir fast darüber lachen.«
Sie stellt klar: »Die plumpe Stimmungsmache gegen linke Zentren werden wir nicht weiter ­kommentarlos ­hinnehmen. Rechte Populist*innen aus FDP, CDU, AfD ­und VS treiben die gesellschaftliche ­Spaltung weiter voran und lenken von wirklich ­wichtigen Themen ab: Hetze und Gewalt gegen Geflüchtete, rasant voranschreitende ­Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen, Armut, ­Verdrängung und Gentrifizierung… Um nur einige Themen zu nennen, die für diese Leute keine Rolle zu spielen scheinen, mit denen sich aber an Orten wie dem Klapperfeld auseinandergesetzt wird.«

Haus mit Geschichte

Im zehnten Jahr des Bestehens ruft sich »Faites votre jeu!« auch die Anfänge in Erinnerung: Im August 2008 besetzte »Faites votre jeu!« ein ehemaliges Jugendzentrum und betrieb dort über ein Drei­vier­tel­jahr ein selbstverwaltetes Zentrum. Allerdings hatte die Stadt Frankfurt andere Pläne für das Gebäude und drohte mit Räumung. Dank breiter Unterstützung, der sich die Initiative bis heute erfreut, sah sich die Stadt dazu gezwungen, das Klapperfeld als Ersatzobjekt anzubieten.

In dem ehemaligen Polizeigefängnis wurden von 1886 bis 2002 Menschen inhaftiert. Auch die Gestapo nutzte diesen Ort ­zwischen 1933 und 1945. Das Klapperfeld bedeutete für viele Menschen lange Zeit Unterdrückung, Folter und Mord. Maja ­Koster hat die intensiven Diskussionen noch vor Augen, ob man das Angebot annehmen solle: »Die Entscheidung ins Klapperfeld ­umzuziehen, fiel uns alles andere als leicht. Uns stellte sich die Frage, ob das ehemalige Polizeigefängnis als Raum der Repression und Gewalt der richtige Ort sein könnte, um unsere Ideen von einem ­selbstverwalteten Raum für emanzipatorische Politik und Kultur zu verwirklichen.«

Letztlich entschied sich »Faites votre jeu!«, die Herausforderung anzunehmen. Dem voraus gingen Gespräche mit ehemaligen Inhaftierten wie Hans Schwert (1907 – 2013) und Wolfgang Breckheimer (1926 – 2011), die in Auszügen auch in der Dauerausstellung zu sehen sind. Matthias Schneider erinnert sich: »Sie haben uns neben ihren bewegenden Erzählungen auch ganz viel Mut mit auf den Weg gegeben, unseren Plan zu verwirklichen: die Selbstverwaltung mit der Geschichtsarbeit über das Haus zu verknüpfen.«

Geöffnet wurde das Klapperfeld im August 2009 mit der Eröffnung der Dauerausstellung zur Geschichte des Hauses im National­sozialismus. Im Herbst 2015 konnte auch die zweite Dauerausstellung zur Abschiebehaft eröffnet werden. In jahrelanger Arbeit, die immer noch andauert, wurde mühselig und mit viel Unterstützung begonnen, die Inschriften der im Original erhaltenen Zellen zu übersetzen und für Besucher*innen lesbar und hörbar zu machen. Die Dauerausstellungen können jeden Samstag zwischen 15 und 18 Uhr kostenfrei besucht werden. Gruppen und Schulklassen können darüber hinaus individuelle Termine vereinbaren.

Abschließend stellte Maja Koster die historischen Forschung in den Kontext der jüngsten Angriffe: »Uns angesichts der vielen Arbeit und des unermüdlichen Engagements dafür, die Geschichte des Gebäudes und der ­Menschen, die hier inhaftiert waren, zu ­erforschen und sichtbar zu machen, vorzuwerfen, es handele sich um einen ›Deckmantel‹ für ­andere Aktivitäten, dient offensichtlich einzig der Diffamierung unserer Initiative und des gesamten Projektes. Gegen solche ­Anfeindungen verwehren wir uns aufs Stärkste!«

Wichtige Hinweise für Pressevertreter*innen

Weitere Informationen & Pressekontakt
Website der Initiative »Faites votre jeu!«: faitesvotrejeu.blogsport.de
Website zur Geschichte des ehemaligen Polizeigefängnisses Klapperfeld: www.klapperfeld.de
Pressekontakt: 0157 83644064 | faitesvotrejeu[ät]yahoo[punkt]com

Bitte beachten:
Wenn Sie vor Ort über unser Sommerfest berichten wollen, freuen wir uns, wenn sie uns darüber im Vorfeld telefonisch oder via E-Mail informieren. Wenn Sie kommen, geben Sie bitte am Eingang Bescheid. Gespräche mit Verantwortlichen von »Faites votre jeu!« können Sie zwischen 15 und 20 Uhr führen. Alle O-Töne und Fotos sind genehmigungspflichtig.

Anlagen:


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