Linke Zentren in Frankfurt
Die Stadtverordneten in Frankfurt streiten heftiger denn je über linke Zentren ? dabei ist doch schon fast alles gesagt.
Er schien seinen Auftritt genossen zu haben. Stolz schritt Uwe Schulz, Stadtverordneter der FDP, am späten Donnerstagabend zu den Pressebänken im Römer, zwinkerte den Journalisten zu und meinte nur: „Habe ich zu viel versprochen?“ Vorangegangen war seine Rede zu linken Zentren, die Schulz bereits am Nachmittag angekündigt hatte und die für heftige Zerwürfnisse im Römer sorgte. Manfred Zieran etwa, der ohnehin nicht eben leise agierende Politiker von Ökolinx, brüllte sich in Rage, nannte FDP und AfD in einem Atemzug, sprach von einem „rechtsradikalen Propagandamob“ und dem Boden für einen neuen Faschismus, der derzeit bereitet würde.
Es war eine Eskalation mit Ansage. Uwe Schulz, der seit der Kommunalwahl 2016 für die Freidemokraten im Stadtparlament, wusste genau, welche Knöpfe er drücken musste, welche Formulierungen er verwenden musste, um die entsprechende Reaktion zu erhalten. Der 55 Jahre alte Rechtsanwalt mit den Schwerpunkten Arbeits- und Strafrecht setzte Links- mit Rechtsextremismus gleich, sprach von „Gutmenschen“ und drehte sich bei seiner Rede immer wieder in Richtung der AfD. Von deren acht Stadtverordneten war den ganzen Abend über so gut wie gar nichts zu hören gewesen. Doch als Schulz sprach, jubelten sie dem FDP-Mann zu als säßen sie in einem Fußballstadion und nicht im Plenarsaal der fünftgrößten deutschen Stadt.
Hätte Manfred Zieran nicht reagiert, dann wäre vermutlich seine Fraktionskollegin Jutta Ditfurth ans Rednerpult gegangen und hätte Uwe Schulz beschimpft. Oder jemand von den Linken. Schulz hatte vielleicht nicht mit der Schärfe gerechnet. Dass es aber eine heftige Reaktion geben würde, muss der zwar vergleichsweise unerfahrene, aber bereits ziemlich abgezockt auftretende Stadtverordnete gewusst haben. Und der Verlauf des Abends dürfte ihm gerade recht gekommen sein. Schulz schaffte es, das Thema linke Zentren in den Blickpunkt zu rücken, obwohl es für ihn in der Frage, wie es mit Au, Klapperfeld und Café Exzess weitergeht, inhaltlich nichts mehr zu gewinnen gibt.
Grüne stehen zu linken Zentren
Seit mehr als einem Jahr stellen FDP, BFF und AfD, also jene von Zieran scharf angegangene Allianz, die drei Einrichtungen infrage. Immer wieder geht es darum, wieso die Stadt die Hausbesetzung in der Au duldet, obwohl doch überall Wohnungen fehlen, was es mit der Erwähnung von Klapperfeld und Café Exzess im Verfassungsschutzbericht auf sich hat und dass es ja nicht Aufgabe einer Kommune sein könne, Linksextremismus zu fördern. Die Argumente sind längst alle ausgetauscht, wie die SPD-Fraktionsvorsitzende Ursula Busch am Donnerstag feststellte. Vor allem aber ist an der Koalitionsdisziplin im Bündnis von CDU, SPD und Grünen nicht zu rütteln. Zwar sagen die Christdemokraten offen, dass auch sie mit den Einrichtungen ihre Probleme haben und es zum Beispiel gar nicht einsehen, dass Menschen seit Jahrzehnten in der Au wohnen können, ohne Miete zu bezahlen. Die Grünen aber stehen zu den linken Zentren und legen ihr Veto an, wenn die CDU Vorstöße plant. Daran sind die Christdemokraten gebunden. Und so musste Christoph Schmitt, sicherheitspolitischer Sprecher der CDU, am Donnerstagabend gegen den AfD-Antrag stimmen, den Zustand in der Au zu beenden.
Die Grünen hatten deshalb zunächst keinen Anlass gesehen, sich an der immer wiederkehrenden Debatte zu beteiligen – nach dem Motto: Sollen AfD und FDP eben kurz ihre Positionen darlegen, wenn niemand reagiert, versandet das Thema. Doch nach der Auseinandersetzung zwischen Zieran und Schulz mussten eben auch die Grünen reden. Dabei sagte der Stadtverordnete Sebastian Popp recht beiläufig den einzigen Satz, der die Debatte voranbrachte. Man könne sich vorstellen, mit den Besetzern in der Au zu reden, um einen rechtmäßigen Zustand herbeizuführen. Ein Vertrag mit den Bewohnern sei zumindest denkbar.
Christoph Schmitt griff diese Äußerung am Freitag im Gespräch mit der FR auf. „Wir suchen weiter nach einer Lösung für die Au“, sagte er. Im Streit über die linken Zentren dürften noch weitere Runden bevorstehen.
Frankfurter Rundschau, 25.08.2018
Von Georg Leppert