Seit 100 Jahren werden in Deutschland Menschen inhaftiert, weil sie nicht die »richtigen« Papiere ­besitzen. Ihnen wird die Freiheit entzogen, nur damit sie abgeschoben werden können. Die Kampagne »100 Jahre gegen Abschiebehaft« macht im Jahr 2019 bundesweit auf diese Zustände aufmerksam. Schwerpunkt sind die Aktionstage vom 10.–12. Mai 2019 mit Kundgebungen vor deutschen Abschiebegefängnissen sowie eine Großdemonstration in Büren und Paderborn am 31. August 2019. In Rhein-Main gibt es bereits ab Ende April eine Reihe von Veranstaltungen im Rahmen der Kampagne.

Auch die Initiative »Faites votre jeu!«, die im ehemaligen Polizeigefängnis Klapperfeld selbstverwaltetes Zentrum betreibt, beteiligt sich an der Kampagne. Maja Koster von »Faites votre jeu!« erklärte dazu: »Die bittere Notwendigkeit, der Kampagne ›100 Jahre gegen Abschiebehaft‹ zeigt sich unter anderem in den aktuellen Gesetzesverschärfungen des sogenannten Heimatministeriums und der Bundesregierung, die eine massive Ausweitung der Abschiebehaft zur Folge haben werden. Im Klapperfeld selbst, das in den letzten Jahrzehnten seiner Nutzung auch als Abschiebeknast genutzt wurde, sind die Spuren der Gewalt und des Unrechts, welche Menschen in Abschiebehaft angetan werden, noch sicht- und spürbar.«

Am Samstag, den 27. April 2019 wird im Klapperfeld um 18 Uhr der Dokumentarfilm »Möglichst freiwillig« (D 2018) gezeigt, der die Geschichte von Zijush erzählt, der mit seiner Familie im Alter von 13 Jahren »freiwillig« nach Mazedonien zurückkehren muss. Seine Freund*innen in Bremerhaven wollen das nicht akzeptieren. Der Dokumentarfilm thematisiert Fragen von Freundschaft, Schule, Abschiebung, Migration, Roma, Rassismus, Deutschland, Mazedonien, Armut und Hoffnung. Anschließend besteht die Möglichkeit zum Gespräch mit Filmemacher*innen und Protagonist*innen.

Am Samstag, den 4. Mai 2019 um 17 Uhr findet eine öffentliche Führung durch die Ausstellung »Raus von Hier. Inschriften von Gefangenen in Abschiebehaft und Polizeigewahrsam« im Klapperfeld statt. Die vom Arbeitskreis 2. Stock der Initiative »Faites votre jeu!« erarbeitete Dauerausstellung ist der Öffentlichkeit seit Januar 2015 regelmäßig zugänglich. Im 2. Stock befinden sich 16 Einzel- und 2 Â­Sammelzellen, in denen in den letzten Jahrzehnten der Nutzung bis zur Schließung 2002 überwiegend Abschiebegefangene inhaftiert waren. Diese Zellen sind in dem Zustand belassen, in dem sie sich ­befanden, als »Faites votre jeu!« im Jahr 2009 das Gebäude als selbstverwaltetes Zentrum zu nutzen begann: Auf Türen, Wänden, Tischen und Stühlen sind Inschriften in über 30 Sprachen zu entdecken, welche die Inhaftierten in insgesamt fünf Jahrzehnten hinterlassen haben. Den Besucher*innen stehen Broschüren mit über 1.000 Ãœbersetzungen zur Verfügung, die seit Anfang 2013 von zahlreichen Helfer*innen zusammengetragen wurden. Zusätzlich vermitteln die Stimmen der Ãœbersetzer*innen in einer Audioinstallation einen akustischen Zugang zu den Inschriften. Darüber sind Hintergrund­informationen zur Ausstellung und zur Abschiebehaft bereitgestellt.

Neben den beiden Veranstaltungen im Klapperfeld finden im Rhein-Main-Gebiet eine Reihe weiterer Veranstaltungen statt, die dem angehängten Programm zu entnehmen sind.

»Faites votre jeu!« ruft aber auch zu den Kundgebungen und der Großdemonstration in Büren und Paderborn am 31. August 2019 auf. Maja Koster stellte abschließend klar: »Wir schließen uns den ­Forderungen der Kampagne ›100 Jahre gegen Abschiebehaft‹ uneingeschränkt an und fordern gemeinsam mit unseren Freund*innen ein Ende von Sondergesetzen und einer unkontrollierten behördliche Praxis, die Â­Abschaffung der Abschiebehaft und die sofortige Schließung aller Abschiebeknäste! Beteiligt euch an den Kundgebungen und der Großdemonstration und organisiert eigene Aktionen.«

Weitere Informationen zur bundesweiten Kampagne »100 Jahre gegen Abschiebehaft« sowie allen Veranstaltungen, Kundgebungen und Demonstrationen gibt es online auf: 100-jahre-abschiebehaft.de


Anhang:
Veranstaltungsübersicht der Kampagne ›100 Jahre gegen Abschiebehaft‹ im Rhein-Main-Gebiet (PDF)


Pressemitteilung als PDF: download

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