Bockenheim/Innenstadt. Zu klein, zu dunkel und eine zu kurze Nutzungsdauer – unter den derzeitigen Konditionen will die Initiative «Faites votre jeu» nicht ins ehemalige Polizeigewahrsam in der Klapperfeldstraße ziehen und lieber im ehemaligen Jugendzentrum in der Varrentrappstraße 38 bleiben. Das Dezernat für Bildung und Frauen hatte den Hausbesetzern den Tausch am vergangenen Mittwoch vorgeschlagen (wir berichteten).
Mit ihrer Haltung könnten sich die Hausbesetzer jedoch ein Eigentor schießen. Laut Michael Damian, persönlicher Referent von Bildungsdezernentin Jutta Ebeling, befände sich die Gruppe nicht in der Position, um Bedingungen zu stellen. «Wir werden nicht mehr verhandeln.» In der Varrentrappstraße 38 soll die Verwaltung der Frankfurter Schule für Mode und Bekleidung einziehen, damit im Schulhaus in der Hamburger Allee Platz zusätzliche Unterrichtsräume entstehen können.
Spätestens am Freitag erwarte die Stadt ein positives Signal von «Faites votre jeu». Sollte die Gruppe das Ersatzobjekt ablehnen, könnte es schnell vorbei sein mit dem von ihr selbst verwalteten Kunst- und Kulturzentrum in der Varrentrappstraße. Mit anderen Worten: Dann wird die Stadt das Gebäude wohl räumen lassen und eventuell auch ihr Angebot für das ehemalige Polizeigewahrsam zurückziehen.
In einer am Sonntag veröffentlichten Pressemitteilung hatten sich die Hausbesetzer erstmals zum angebotenen Ersatzobjekt geäußert. Sie kritisieren darin, dass für größere Veranstaltungen kein Platz sei und auch Räume in den oberen Etagen zur Verfügung gestellt werden sollten. Nach Ansicht von «Faites votre jeu» müsste in der neuen Unterkunft mindestens so viel Platz sein, wie im ehemaligen Jugendzentrum. Dort gebe es Ausstellungsräume, Ateliers, Streetart-Raum, Fotolabor, den Medienraum, Gruppen-, Veranstaltungs- und Konzerträume, einen Proberaum, Sport- und Trainingsraum, den «Roten Salon», die Kellerklause, den Umsonstladen, eine Werkstatt, ein Büro und eine Küche. «Wenn wir in die Klapperfeldstraße umziehen, muss gewährleistet werden, dass alle jetzigen Nutzungsmöglichkeiten erhalten bleiben», so Sprecherin Nora Wildner.
Außerdem habe die Gruppe den Anspruch, der historischen Bedeutung des Gebäudes gerecht zu werden, was zusätzlichen Platz beanspruche. Denn eine unreflektierte Nutzung des Baus, in dem Menschen unterdrückt worden seien, käme für «Faites votre jeu» nicht in Frage. Unter anderem seien in dem Gefängnis während der NS-Zeit Menschen von der Gestapo inhaftiert, gefoltert und ermordet worden. «Nicht nur die notwendigen und umfangreichen Umbaumaßnahmen, sondern auch der Wiederaufbau der bereits bestehenden Räume und Projekte und vor allem die Auseinandersetzung mit der Geschichte des ehemaligen Gefängnisses wären sehr langwierig und arbeitsintensiv», erklärt Matthias Schneider von «Faites votre jeu». Dies sei nur bei einer langfristigen Nutzung sinnvoll. Die Stadt wolle der Gruppe aber nur das Erdgeschoss für zwei Jahre zur Verfügung stellen. Außerdem seien die sieben Zellen im Erdgeschoss viel zu dunkel, um von Künstlern als Atelier genutzt werden zu können.
Enttäuscht ist Damian vor allem deshalb, weil die Hausbesetzer nicht das Gespräch mit der Stadt suchen. «Von ihren Statements erfahren wir entweder aus der Zeitung oder wir müssen auf die Internetseite der Gruppe nachschauen. Das ist kein zivilisierter Umgang miteinander», ärgert sich Damian. Die Geduld der Stadt sei zudem allmählich überstrapaziert, weil es fast täglich Beschwerden wegen Lärmbelästigung von Bockenheimern gibt, die Nachbarn des Kunst- und Kulturzentrums sind.
Frankfurter Neue Presse, 03.02.2009
Von Matthias Bittner