Am Samstag, den 25. Juli 2020, kam es gegen 21.50 Uhr zu einem massiven Polizeieinsatz vor dem Klapperfeld. In dem ehemaligen Polizeigefängnis betreibt die Initiative »Faites votre jeu!« seit 2009 ein selbstverwaltetes Zentrum. Neben BFE-Einheiten und Streifenpolizist*innen, die die gesamte Klapperfeldstraße abriegelten, war auch eine Hundestaffel und ein Überfallkommando im Einsatz. Letzteres versuchte zeitweise, sich über die Eingangstür gewaltsam Zugang zum Gebäude zu verschaffen. In Lautsprecherdurchsagen behaupteten die Einsatzkräfte, Hinweise auf eine Messerstecherei im Innern des Klapperfelds bekommen zu haben.
Sehr schnell versammelten sich etwa 100 solidarische Menschen, die den Polizeieinsatz kritisch begleiteten. Ein*e sich vor dem Klapperfeld befindende*r Nutzer*in des Zentrums verlangte den Einsatzleiter zu sprechen. Dieser ließ sich im Gespräch davon überzeugen, dass der Einsatz jeder Grundlage entbehrt und brach ihn daraufhin ab. Trotz der für die Frankfurter Polizei offensichtlich vollkommen unklaren Lage, verbreitete sie auf Twitter bereits die angebliche Messerstecherei. Auf Nachfrage, wo und wie die Messerstecherei angezeigt worden sei, gab der Einsatzleiter lediglich an, diese sei über den Funk gemeldet worden. Den Abbruch kommentierte er mit den Worten, es sei jetzt gleich alles wieder so, als wäre die Polizei nie da gewesen. Der Einsatz wurde gegen 22.40 Uhr beendet. Auch eine kurzzeitig im 1.Revier festgehaltene Person, welche während des Einsatzes wegen angeblicher Pöbeleien (sic!) in Gewahrsam genommen wurde, wurde wieder freigelassen.
Personen aus dem Klapperfeld informierten anschließend die Menschen auf der Straße über das Geschehen. Anschließend schlossen sich die meisten Anwesenden einer Spontandemonstration gegen Polizeigewalt und Racial Profiling an, die vom Kaisersack über den Opernplatz zur Konstablerwache führte.
Matthias Schneider von »Faites votre jeu!« bezieht Stellung zu dem Einsatz: »Zunächst sind wir froh, dass der Einsatzleiter sich davon überzeugen ließ, den Einsatz abzubrechen. Damit konnte den wenigen im Gebäude anwesenden Personen das mit Sicherheit traumatisierende Erlebnis eines Einsatzes des Überfallkommandos erspart bleiben. Für uns wirft der Einsatz jedoch viele Fragen auf.«
Maja Koster, ebenfalls im Klapperfeld aktiv, stellt klar: »Die Aussage des Einsatzleiters, dass es nach dem Abzug der Einsatzkräfte so sei, als hätte das Ganze nie stattgefunden, ist zynisch und falsch: Bei Einsätzen wie gestern Nacht, aber auch bei Demonstrationen und polizeilicher Gewalt ist das Verbreiten von Fake News und unhaltbaren Gerüchten in den sozialen Medien mittlerweile zentraler Bestandteil der polizeilichen Arbeit. Da helfen auch die selten nachgeschobenen Richtigstellungen wenig. Die Diffamierung setzte sich vor Ort mit Durchsagen fort, die den Passant*innen, die zu diesem Zeitpunkt zahlreich in der Stadt unterwegs waren, ein offensichtlich falsches Bild vom Geschehen im Klapperfeld vermittelte.«
Schneider ergänzt: »Während die Polizei Spekulationen über uns und das Klapperfeld verbreitete, war es unsere Aufgabe, die Lage aufzuklären und die Anwesenden zu informieren. In den letzten Jahren gab es immer wieder von Diffamierungskampagnen begleitete Forderungen, linke Zentren wie das Klapperfeld zu schließen. Auch das Vorgehen und den öffentlichen Umgang der Polizei mit diesem Einsatz müssen wir in diesem Kontext sehen.«
Koster ordnet das Geschehen am Wochenende in einem gesamtgesellschaftlichen Klima ein: »Die Forderungen nach einem Ende rassistischer Polizeigewalt und Racial Profiling und nach einer unabhängigen Stelle, die Rechtsbrüche der Polizei aufklären soll, werden immer lauter. Es ist gut, dass polizeiliches Handeln öffentlich wahrnehmbar in Frage gestellt wird. Aber auch die Abwehrkämpfe gegen die berechtigten Forderungen können wir aktuell beobachten: Während ein Nazinetzwerk in der hessischen Polizei erst verschwiegen, dann geleugnet wurde und seit über zwei Jahren unaufgeklärt bleibt, wird jedes bisschen Glasbruch, so wie letzte Woche am Opernplatz, auf Pressekonferenzen zu nie dagewesenem Chaos aufgebauscht und mit rassistischen Zuschreibungen zu den vermeintlichen Täter*innen angereichert. Begleitet von einer medialen Kampagne der Polizeibehörden und der Frankfurter Stadtpolitik war Racial Profiling an diesem Wochenende an quasi allen innerstädtischen Plätzen an der Tagesordnung.«
Abschließend stellte Scheider klar: »Zum Geschehen am Klapperfeld ist von der Polizei keine Aufklärung zu erwarten. Wir werden uns davon aber auch nicht einschüchtern lassen. Das zeigen die vielen Menschen, die an diesem Wochenende auf der Straße waren, um gegen Racial Profiling, Willkür und Polizeigewalt zu demonstrieren oder um das Klapperfeld zu schützen. Wir stehen solidarisch Seite an Seite, wenn sie uns und unsere Freund*innen angreifen oder in unsere Zentren eindringen wollen.«
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